Wer zum Arbeiten nach Europa will, hat es schwer

Migration
Bilder von Schlauchbooten und Flüchtlingscamps: Seit Jahren beherrscht die irreguläre Migration nach Europa immer wieder die Schlagzeilen. Zugleich beschwören Politiker der Europäischen Union (EU), man brauche legale Einreisemöglichkeiten für Arbeitsmigranten. Einige solcher Wege existieren bereits – doch Fachleute sehen Verbesserungsbedarf.

Zur legalen Migration im weiten Sinne gehört die Einreise von schutzbedürftigen Flüchtlingen, etwa über Resettlement-Programme. Im engeren Sinn fallen hierunter Wege für Menschen ohne Schutzanspruch, besonders Arbeitsmigranten. Zu den wichtigsten EU-Gesetzen für sie zählen die Richtlinie über eine Blue Card und die Richtlinie zu Saisonarbeitern. Erstere soll hochqualifizierten Beschäftigten die Einreise ermöglichen; letztere regelt den Zuzug von saisonalen Hilfskräften, etwa in der Landwirtschaft.

Allerdings klafft dazwischen eine Lücke für viele andere potenzielle Arbeitsmigranten, zum Beispiel die Krankenschwester oder den Gastronomen. Teils wird sie durch nationale Regelungen gefüllt. Doch gewähren diese zunächst nur Zugang zum jeweiligen Land und machen die Weiterreise in andere europäische Länder kompliziert. Hinzu kommt: Sogar bei der Blue Card und anderen EU-Vorschriften bestimmt jeder Mitgliedsstaat über die Zahl der Migranten, die bei ihm einreisen dürfen. Aus diesen Gründen leben und arbeiten in Europa viele Menschen aus Entwicklungsländern illegal oder im Graubereich, andere kommen gar nicht erst.

Eine Situation, die nach Ansicht der Kommission der Kirchen für Migranten in Europa (CCME) zu ändern ist. „Es gibt mit der Blue Card vernünftige Mechanismen, wie man Leute ins Arbeitsleben in Europa reinholen kann“, sagt Generalsekretär Torsten Moritz. Aber die geforderten Qualifikationen und das Gehaltsniveau für die Blue Card seien zu hoch. Das habe auch Nachteile für Europa, etwa im Gesundheitssystem: „Wir können mit der Blue Card den Computerspezialisten und die Ingenieurin nach Europa bringen, aber nicht die dringend benötigte Krankenschwester.“

Die CCME wirbt daher dafür, dass Europa auch Migranten mit geringeren Löhnen oder Abschlüssen eine Chance gibt, wobei weiter jeder Staat die Zahl begrenzen könnte. Da Moritz einer umfassenden EU-Lösung zurzeit aber politisch kaum Chancen einräumt, solle die EU zumindest die Vermittlung von Jobs verbessern – etwa durch gemeinsame Anlaufstellen der Mitgliedsstaaten in Entwicklungsländern. Getestet werden müsse außerdem ein „Rückkehrrecht“ nach Europa für Mi­granten, die legal hier leben. Dann würden sie etwa bei Arbeitslosigkeit eher den Weg in ihre Heimat wagen, weil sie jederzeit nach Europa zurückkehren könnten, argumentiert Moritz.

Eine kürzlich erschienene Studie des Forschungsbereichs des Sachverständigenrates deutscher Stiftungen für Integration und Migration sieht ebenfalls geringe Aussichten auf eine umfassende EU-Lösung zur legalen Migration. Sie kritisiert vor diesem Hintergrund, dass EU-Kommission und Europäischer Auswärtiger Dienst gegenüber afrikanischen Ländern immer wieder legale Optionen in Aussicht stellten: „Dies führt nicht selten zu Enttäuschungen, da die Versprechen nicht eingehalten werden“, erklärt die Studie.

Das Washingtoner Center for Global Development (CGD) hat mehrere Pilotprojekte der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) zur legalen Migration nach Deutschland untersucht. Bei den Projekten werden Arbeitsmigranten unter anderem aus den Philippinen, Marokko und dem Kosovo aus- oder fortgebildet und an deutsche Arbeitgeber vermittelt. Der im Kosovo verfolgte Ansatz, den Großteil der Ausbildung in das Herkunftsland zu verlagern, diene Migranten, Herkunfts- und Zielland mutmaßlich am besten, heißt es in der Studie. Kurzfristig nutze dies dem Herkunftsland, da es die Qualität der Ausbildungsstätten hebe; langfristig profitierten deutsche Arbeitgeber, weil die auswärtige Ausbildung preiswerter sei. Zudem würden Menschen ausgebildet, die gar nicht migrieren wollen. Dies erhöhe das Ausbildungsniveau im Herkunftsland. Die Autoren der CGD-Studie empfehlen ähnliche Pilotprojekte insbesondere mit Ländern aus dem subsaharischen Afrika.

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erschienen in Ausgabe 9 / 2019: Mission und Macht
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