Geld aus Europa gegen Eindämmung der Migration – das ist der Handel, den die Europäische Union (EU) Staaten im Sahel anbietet. Sie sollen unter anderem gegen Schleusernetzwerke vorgehen und Migranten leichter zurücknehmen. Diese Politik erschwert laut einer neuen Studie nicht nur das Los vieler Migranten, die heute noch mehr als früher von schweren Menschenrechtsverletzungen und Zwangsarbeit bedroht sind. Sondern sie laufe auch Gefahr, Konflikte innerhalb von Ländern wie Niger und Tschad zu verschärfen.
Der Bericht aus dem niederländischen Institut für internationale Beziehungen schaut auf Agadez im Niger, von wo bis vor kurzem viele Migranten nordwärts aufbrachen. Jetzt leide die Stadt nicht nur unter dem Verlust der Einnahmen aus dem Schleusergeschäft. Sie müsse auch selbst Flüchtlinge aufnehmen – vor allem aus der Region Darfur im Sudan –, die den Weg durch Libyen nach Norden versperrt finden. Und Einheimische merkten wenig von der Entwicklungshilfe, die Europa zahlt. Das könne mit Spannungen zwischen der Zentralregierung und lokalen Behörden zu tun haben, finden die Forscher.
Die Migranten schützen statt die Außengrenzen
Die Studie rückt das Verhältnis zwischen Schleusernetzwerken, Rebellengruppen und dem Staat in den Blick. Im Niger seien viele Schleuser in den ethnischen Gruppen der Tuareg oder Tubu aus der Sahara verankert, während sich die Armee, die Schleuser bekämpft, aus Gruppen im Süden des Landes rekrutiere. Und im Tschad konkurrierten Schleusernetzwerke aus drei Gruppen, von denen eine den Staat dominiert. Hilfe der EU für die Bekämpfung von Schleusern kann unter diesen Umständen Konflikte im Staat verschärfen, warnt die Studie.
Sie empfiehlt der EU, ihre Politik der Migrationskontrolle zu ändern: Statt ihre Außengrenze im Sahel schützen zu lassen, müsse sie dort den Schwerpunkt auf den Schutz von Migranten legen. Die EU solle etwa Lokalbehörden und Gruppen der Zivilgesellschaft in Afrika unterstützen und ihnen die Menschenrechte von Migranten nahebringen. Einschränkungen der Migration sollten stets von einem Ausgleich für die Verlierer begleitet werden. Und Unterstützung für Armee und Polizei solle es im Sahel nur geben, wo vorher die Konfliktlage genau erkundet und Sicherheitsbedenken der lokalen Bevölkerung berücksichtig sind.
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