Die indonesische Regierung will Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ausländischer Hilfsorganisationen des Landes verweisen. Wie begründet sie das?
Ich würde das gar nicht so negativ formulieren. Die Begründung der Regierung verstehen wir durchaus: In Indonesien gibt es ausreichende Strukturen - sowohl in der Regierung als auch in Gestalt eines professionellen Netzwerks an nationalen nichtstaatlichen Hilfsorganisationen. Das Land ist ja regelmäßig von kleineren und größeren Katastrophen betroffen, und wir sehen an unserer jahrelangen Zusammenarbeit mit lokalen Partnern, dass da viel Professionalität vorhanden ist. Hinzu kommt, dass die Regierung sich die Hilfe des Coordinating Centre for Humanitarian Assistance des südostasiatischen Staatenbundes ASEAN ins Land geholt hat. Die bringen zusätzliche Expertise mit.
Welche ausländischen Organisationen betrifft die Maßnahme der Regierung?
Es betrifft die, die sich am lautesten beklagen: die traditionalistisch arbeitenden Hilfsorganisationen, die es gewohnt sind, mit ihrem eigenen Personal und Equipment in ihren eigenen Fliegern einzufliegen und am besten auch noch die Hilfsgüter gleich mitbringen. Es betrifft die, die über kein nationales Netzwerk an Partnern verfügen. Manche dieser Organisationen waren schon vor der Katastrophe in Sulawesi im Land, haben Büros und sind registriert. Die dürfen natürlich weiterarbeiten, allerdings mit der Vorgabe, dass sie einheimisches Personal einsetzen. Betroffen sind also vor allem die Organisationen, die von Katastrophe zu Katastrophe springen.
Zieht die indonesische Regierung damit Lehren aus früheren Katastrophenfällen, zum Beispiel aus der Hilfe nach dem verheerenden Tsunami 2004?
Ja, das spielt eine Rolle. Wobei sich nach dem Tsunami 2004 gar nicht so viel geändert hat. Nach den Erdbeben in Haiti 2010 und in Nepal 2015 war es immer noch so, dass Dutzende, teilweise Hunderte Hilfsorganisationen vor Ort waren, einige nur für wenige Wochen oder Monate. Für uns war das Thema nie so brisant, da wir fast ausschließlich über lokale Partner arbeiten.
Haben Sie derzeit Personal aus Deutschland im Katastrophengebiet?
Wir haben niemand geschickt - mit Ausnahme eines Fotografen. Für unser Fundraising benötigen wir nicht nur Informationen, sondern auch Bilder. Ansonsten sind wir mit unseren Partnern in ständigem Austausch, auch über die ACT Alliance, das internationale Netzwerk kirchlicher Hilfswerke. Wir planen, dass wir etwa in zwei Wochen nach Indonesien reisen. Vor Ort muss man dann sehen, ob wir ins Katastrophengebiet kommen oder ob wir uns mit unseren Partnern außerhalb treffen und ihnen zeigen, dass wir für sie da sind.
Kritiker der indonesischen Regierung warnen davor, dass lokale Hilfsorganisationen überfordert sein könnten und nicht allein gelassen werden dürfen. Was sagen Sie dazu?
Zunächst mal: Die Katastrophe in Sulawesi ist schlimm, aber sie bringt die lokalen Kräfte nicht an ihr Limit. Unsere Partner holen sich teilweise Mitarbeiter aus anderen Landesteilen zur Verstärkung. Und wir versuchen ja außerdem mit der Entsendung von technischem Personal oder Verwaltungspersonal zu helfen. Oder wir bieten unseren Partnern an, zusätzlich benötigte Mitarbeiter einzustellen. Die finanziellen Ressourcen sind da.
Weil Sie Ihren Fotografen erwähnt haben: Es gab auch die Kritik, dass Journalisten aus aller Welt rein dürfen ins Katastrophengebiet, nicht aber ausländische Helfer.
Der Fotograf hilft uns ja, und er hilft auch Indonesien. Denn mithilfe der Bilder, die er uns liefert, können wir hier in Deutschland Spendengelder einwerben, die nach Indonesien fließen.
Fazit also: Was die indonesische Regierung macht, sollte anderen als Vorbild dienen?
Genau, man sollte das unterstützen. Die Regierung ist ja auch flexibel und besteht nicht kompromisslos auf ihrem Prinzip. Bestimmte Leute dürfen rein, und es ist klar definiert, welche Hilfsgüter eingeführt werden dürfen. Es geht der Regierung um die Förderung ihrer nationalen Organisationen. Das ist eine realistische und angemessene Reaktion auf das, was passiert ist.
Das Gespräch führte Tillmann Elliesen.
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