Die Kirchen im Südsudan haben sich viel vorgenommen. Mit ihrem Action Plan for Peace (APP) wollen sie die rund zwölf Millionen Einwohner des Landes für den Frieden mobilisieren. In neutralen Foren sollen sich Opfer und Täter austauschen können. Dorfgemeinden und kirchliche Gemeinden sollen in Trauma- und Versöhnungsarbeit geschult werden. So soll dem Bürgerkrieg, der seit 2013 bereits 300.000 Menschen das Leben gekostet hat, der Nährboden entzogen werden. Wie aber soll das in dem herrschenden Chaos gelingen? 3,6 Millionen Südsudanesen sind auf der Flucht.
„Wenn es jemand schaffen kann, dann wahrscheinlich nur noch die Kirchen“, sagt Karin Augustat, Programmverantwortliche bei mission21. Das Schweizer Missionswerk gehört zu denen, die den Friedensaktionsplan des SSCC zusammen mit anderen internationalen Organisationen unterstützen. „Die Kirchen sind die einzige noch funktionierende neutrale Struktur in dem Land.“ 95 Prozent der Südsudanesen seien mit einer der Kirchen verbunden und könnten über die lokalen Gemeindestrukturen erreicht werden, auch die Flüchtlinge. Auch viele Pfarrer seien vertrieben worden. „In den Flüchtlingslagern bauen sie sofort wieder Gemeinden auf“, sagt Augustat.
Täter und Opfer leben nebeneinander
In den ersten Dörfern wird bereits Trauma-Arbeit gemacht. Bei kirchlichen Versammlungen werden die Menschen mit Friedensworten aus der Bibel, Gesängen und Tänzen eingestimmt. „In vielen Dörfern leben Täter und Opfer nebeneinander. Wenn sie wieder eine Gemeinschaft bilden sollen, muss die verdrängte Wut und die nicht eingestandene Schuld ausgedrückt und irgendwie rausgelassen werden“, sagt Augustat. Das könne geschehen, indem die Menschen zum Beispiel mit Holzknüppeln auf den Boden oder auf Bäume schlagen und so in Kontakt mit ihren Emotionen und ihrem Schmerz kommen. Außerdem werden in den Gemeinden Konfliktlösungsteams mit Vertretern aller sozialen und auch feindlichen Gruppen sowie Generationen ausgebildet, die eingreifen können, sobald es Probleme gibt.
Zur Friedensarbeit gehören zudem Maßnahmen zur Einkommensförderung. Diese werden genauso wichtig sein wie die Friedensarbeit selbst. Denn wo Hunger herrscht, verdüstern sich die Aussichten auf Frieden. Und dem Südsudan droht eine Hungerkatastrophe, von der bereits jetzt eine Million Menschen betroffen sind. Friedensarbeit und humanitäre Hilfe müssten Hand in Hand gehen, sagt Augustat. Beides sei wichtig.
Mission 21 ruft allerdings nicht gesondert für Spenden zur humanitären Hilfe auf. „Dafür sind wir einfach zu klein“, sagt Augustat. Das Missionswerk verweist deswegen bei humanitärer Hilfe auf andere Werke, die in diesem Bereich bereits aktiv sind. Gleichzeitig wirbt mission21 bei Entwicklungsorganisationen dafür, humanitäre Hilfe über kirchliche Kanäle im Südsudan laufen zu lassen. „Die unparteiischen Kirchen vor Ort haben dafür die nötigen Strukturen und genießen das Vertrauen der Bevölkerung“, sagt Augustat. Wer dagegen Regierungsstellen Geld gebe, müsse damit rechnen, dass diese im Sumpf der Korruption verschwinden.
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