Ignoriert Aung San Suu Kyi die Minderheiten?

Myanmar
Myanmars Regierung will eine UN-Delegation, die Menschenrechtsverletzungen an den Rohingya untersuchen soll, nicht ins Land lassen. Christina Grein vom Asienhaus erklärt, welche Rolle die Regierungschefin dabei spielt.

Aung San Suu Kyi wird vorgeworfen, sie tue zu wenig für den Schutz der Menschenrechte, vor allem der muslimischen Rohingya. Sind Sie auch von ihr enttäuscht?
Ja. In ihrer Funktion als Staatsrätin steht sie über dem Präsidenten. Sie hat die Pflicht, sich für die Einhaltung der Menschenrechte einzusetzen und vor allem die Verstöße dagegen anzuprangern. Da muss sie künftig mehr Engagement und Mut zeigen. Frieden und Stabilität hängen aber nicht allein von ihr ab.

Was meinen Sie damit?
Aung San Suu Kyi versucht, zwei entscheidenden politischen Kräften in Myanmar nicht in die Quere zu kommen: Das Militär hat großen politischen Einfluss und profitiert von den Konflikten, weil es damit seine Rolle als Bewahrer der nationalen Sicherheit und des Zusammenhalts bekräftigen kann. Außerdem haben radikale nationalistische buddhistische Gruppen in der Bevölkerung an Unterstützung gewonnen. Die Buddhisten sind die größte Wählerschaft ihrer Partei NLD, die will sie nicht verprellen.

Ende Mai hat sie erneut eine Friedenskonferenz einberufen, um die Konflikte im Vielvölkerstaat zu lösen – ohne Ergebnis. Woran ist die Konferenz gescheitert?
Die Perspektiven sind zu unterschiedlich. Das Militär fordert die Demobilisierung der ethnischen Armeen, bevor der politische Dialog weitergeführt wird. Die Minderheiten fordern das Gegenteil.

Wie geht es jetzt weiter?
Die Regierung wird alles daran setzen, die restlichen bewaffneten Gruppen zur Unterzeichnung des Waffenstillstandes zu bewegen, den sie mit acht von ihnen im Oktober 2015 geschlossen hat.

Der UN-Menschenrechtsrat will die Menschenrechtsverletzungen an den Rohingya untersuchen lassen. Warum wehrt sich Aung San Suu Kyi dagegen?
Eine Kommission der myanmarischen Regierung hat die Vorwürfe als unbegründet zurückgewiesen. Würde Aung San Suu Kyi die UN-Untersuchung unterstützen, würde sie dieses Ergebnis infrage stellen. Im September 2016 hat sie ein internationales Beratungsgremium gegründet. Nur von ihm will sie Empfehlungen entgegennehmen. Damit wähnt sie sich gegenüber dem Militär in sicheren Gefilden.

Das Gespräch führte Gesine Kauffmann.

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erschienen in Ausgabe 7 / 2017: Die Wüste lebt
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