Die USA steuern rund die Hälfte der internationalen Entwicklungshilfe für Gesundheit und Familienplanung bei. Bis zu neun Milliarden US-Dollar könnten wegfallen, wenn das von Trump angekündigte Finanzierungsverbot für Hilfsorganisationen greift, die im Rahmen ihrer Projekte Schwangerschaftsabbruch nicht ausschließen. Damit sei die Arbeit vieler internationaler Gesundheitsdienste bedroht, folgert der Bundesrat in seinem Beschluss auf Initiative des Landes Nordrhein-Westfalen.
Trump versuche aus ideologischer Verblendung heraus, die Selbstbestimmungsrechte von Frauen einzuschränken, und provoziere neue humanitäre Katastrophen in den Armutsregionen der Welt, warnte NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens. Ein Anstieg der Armut sowie der Sterblichkeitsraten von Schwangeren und Säuglingen sowie die Verbreitung von Infektionskrankheiten seien vorprogrammiert. „Mehr unerwünschte Schwangerschaften, mehr Abtreibungen, vor allem auch mehr unsichere Abtreibungen in Hinterzimmern und auf der Straße werden die Folge sein“, befürchtet NRW-Bildungsministerin Sylvia Löhrmann.
Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, sich an dem neuen Hilfsfonds zu beteiligen, mit dem einige Länder die drohende Finanzierungslücke schließen wollen. Das forderten auch die Grünen im Bundestag. Auf der Konferenz „She Decides“ Anfang März in Brüssel hatten die Niederlande und Belgien bereits Zusagen für 180 Millionen Euro eingesammelt. Minister aus Schweden, Finnland, Norwegen und Kanada stellten Mittel für den Fonds in Aussicht. Für Deutschland war ein Diplomat der Ständigen Vertretung bei der EU anwesend.
Trump hatte kurz nach seinem Amtsantritt wie schon seine republikanischen Vorgänger Ronald Reagan und George W. Bush die sogenannte „Global Gag Rule“ wieder in Kraft gesetzt. Sie stoppt die Finanzierung aus den USA für Organisationen, die Abtreibungen anbieten oder Frauen und Mädchen zum Thema Schwangerschaftsabbruch beraten.
„Schutz für Millionen Mädchen und Frauen in Gefahr“
In Deutschland engagiert sich die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW) für Aufklärungsdienste in Afrika. Ihre Geschäftsführerin Renate Bähr appellierte an die Bundesregierung, zu handeln. Auch der geplante Marshallplan mit Afrika beabsichtige, Initiativen zur Familienplanung zu fördern. Trumps Politik bedeute, „dass Millionen Mädchen und Frauen sich nicht mehr vor einer ungewollten Schwangerschaft schützen können und ihnen im Falle von Gewalt keine sicheren Abtreibungsdienste zur Verfügung stehen“, sagte Bähr. Auch der Exekutivdirektor des UN-Bevölkerungsfonds UNFPA, Babatunde Osotimehin, äußerte sich im Bundestag gegenüber Entwicklungspolitikern und im Entwicklungsministerium besorgt. Der nigerianische Ex-Minister sagte, das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung sei eine wesentliche Voraussetzung, der Armut zu entfliehen.
Entwicklungsminister Gerd Müller will jedoch die USA nicht voreilig aus ihrer Verantwortung entlassen. Abwartend zeigt sich auch der Koalitionspartner SPD, zumal von konkreten Anträgen von Partnerorganisationen nach zusätzlicher Förderung nichts bekannt sei. Das BMZ stehe mit dem UNFPA in engem Kontakt, sagte ein Sprecher Müllers. „Wir beobachten die Auswirkungen der neuen US-Regelung auf die einzelnen Organisationen sehr genau und werten die Ergebnisse erst einmal aus. Sobald die Auswertung vorliegt, können wir mögliche weitere Schritte unternehmen.“
Für den Schwerpunkt Mutter-Kind-Gesundheit und Familienplanung stellt Deutschland nach offiziellen Angaben jährlich mehr als 380 Millionen Euro bereit. Beim G7-Gipfel 2015 in Elmau hatte sich Deutschland verpflichtet, diese Unterstützung über die kommenden Jahre aufrechtzuerhalten. Die BMZ-Initiative „Selbstbestimmte Familienplanung und Müttergesundheit“, die auf erwünschte und professionell begleitete Geburten zielt, erhält seit 2011 jährlich rund 100 Millionen Euro. Müller hat bekräftigt, das Projekt werde bis 2019 weitergeführt.
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