In dem 50-seitigen Bericht nimmt der Bundesrat Stellung zu Anfragen aus dem Parlament. Die Abgeordneten wollten wissen, ob die Kapitalflucht aus Entwicklungsländern ein Problem sei und wie man den Zufluss solcher Gelder in die Schweiz „wirkungsvoll unterbinden“ könne. Illegale Kapitalströme aus Entwicklungsländern seien „ein weitreichendes Problem“, lautet die Antwort. Die internationale Staatengemeinschaft habe erkannt, dass sich sogenannte unlautere und unrechtmäßige Finanzflüsse nur international koordiniert eindämmen lassen. Zahlreiche Maßnahmen seien bereits ergriffen worden, auch die Schweiz habe einiges zur Gewährleistung eines integren Finanzplatzes unternommen, heißt es in dem Bericht. Das gelte sowohl für die Bekämpfung der Geldwäsche und der Korruption als auch der Steuerhinterziehung.
In der Zivilgesellschaft stößt der Bericht auf Kritik. „Wir sind in keiner Art und Weise zufrieden“, sagt Dominik Gross, der bei der Arbeitsgemeinschaft Alliance Sud von sechs Schweizer Hilfswerken für internationale Finanz- und Steuerpolitik zuständig ist. Zwar biete das Papier einen guten Überblick über die internationale Steuer- und Finanzpolitik. Doch die Rolle der Schweiz als „weltweit größte Offshore-Industrie haben die Verfasser nicht herausgearbeitet“, sagt Gross.
Der Bericht gibt die Position der Regierung wieder
Es sei ja gut, dass die Schweiz bei den internationalen Regeln mitmache. „Angesichts ihrer Prominenz auf dem internationalen Finanzplatz müsste die Schweiz aber eigentlich eine Vorreiterrolle einnehmen“, sagt Gross. Zudem habe das Land gar keine andere Wahl, als sich den internationalen Vorschriften anzupassen, wolle es nicht auf den schwarzen Listen der OECD und der G20 stehen.
Politisch hält Gross den Bericht für „unbrauchbar“. Er analysiere weder die spezifische Rolle der Schweiz, noch mache er Vorschläge, wie die Schweiz aus ihrer schädlichen Rolle als Steueroase für Entwicklungsländer heraustreten könnte oder wie verhindert werden kann, dass sich die Entwicklungspolitik und die internationale Finanz- und Steuerpolitik der Schweiz widersprechen.
Der Bericht sei Ausdruck der aktuellen politischen Verhältnisse im Schweizer Parlament. Es mache für die Regierung keinen Sinn, einen Bericht zu schreiben, der nicht im Sinne der Parlamentsmehrheit ist. Ansonsten müsse die Regierung erneut mit Anfragen zu diesem Thema aus dem Parlament rechnen, erklärt der Finanzspezialist.
Verfasst hat den Bericht das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) und nicht die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) – laut Gross eine weitere Erklärung für den inhaltlichen Fokus. Denn die beiden Ämter haben nicht die gleichen Schwerpunkte: Während das SIF die Standortattraktivität des Finanzplatzes Schweiz im Auge hat, will die DEZA erreichen, dass die internationale Finanz- und Steuerpolitik die Entwicklungszusammenarbeit nicht konterkariert.Kathrin Ammann
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