Zwei Jahre nach seinem Start hangelt sich das Textilbündnis von einer Zerreißprobe zur nächsten. Immerhin ist etwa die Hälfte der Handelsketten und Markenbetriebe aus der Bekleidungsbranche vertreten. Doch herrscht zwischen Unternehmen und Verbänden, Gewerkschaften und den 24 im Textilbündnis vertretenen nichtstaatlichen Organisationen ein hartes Ringen. Richtig Sinn mache das Unterfangen ohnehin nur, wenn ganz Europa sich anschließe, sagen Experten. Doch das ist nicht in Sicht.
Bislang haben die am Bündnis beteiligten Händler und Hersteller ihre Beschaffungsprozesse durchleuchtet und damit einen Überblick über die jeweilige Ausgangslage geschaffen. Bis Ende Januar 2017 sollen Unternehmen nun aus vereinbarten Listen mit Zielen und Indikatoren wählen, welche Verbesserungen ihnen in den Herstellungs- und Arbeitsbedingungen machbar erscheinen, etwa bei den Zulieferfirmen die Arbeitszeiten auf international anerkannte Obergrenzen zu senken oder eine existenzsichernde Entlohnung durchzusetzen. Ebenso sollen auf einer „schwarzen Liste“ aufgeführte giftige Chemikalien allmählich aus der Herstellung verbannt und die Umwelt etwa durch weniger Wasserverbrauch entlastet werden.
Vieles scheint allerdings noch stark im Ungefähren, etwa die Fristen, wann erste Fortschritte auf dem Weg zu den jeweils gewählten Zielen überprüft werden sollen. Während das Textilbündnis das Jahr 2018 anvisiert, vermuten Vertreter nichtstaatlicher Organisationen, dass die Unternehmen sich so lange wie möglich nicht in die Karten schauen lassen wollen. Maik Pflaum von der Kampagne für Saubere Kleidung sagt, es sei wichtig, dass die Unternehmen sich anspruchsvolle Ziele setzen. Letztlich aber müssten sie sich daran messen lassen, dass sie transparent und glaubwürdig berichten.
Die Öffentlichkeit wird frühestens 2018 informiert
Veröffentlicht werden Fortschritte des Bündnisses allerdings erst später. Die Ziele, die sich die Beteiligten setzen, sollen „ab dem Jahr 2018“ publik gemacht werden, die Fortschritte bei der Zielerreichung erst ab 2019. Die mit der Veröffentlichung hergestellte Transparenz sei „eine absolut wichtige Basis für eine bessere Information für die Verbraucher“, betont Pflaum.
Entwicklungsminister Gerd Müller hatte das Bündnis 2014 initiiert mit dem Ziel, die Arbeitsbedingungen entlang der textilen Lieferkette zu verbessern und Katastrophen wie die des eingestürzten Fabrikgebäudes Rana Plaza in Bangladesch zu verhindern. Dort kamen rund 1100 Menschen ums Leben.
Eine Studie des Südwind-Instituts zeigt, dass im indischen Bundesstaat Gujarat Arbeitsrechtsverletzungen zunehmen, je weiter man in der Kette zurückgeht. Insbesondere Entkernungsbetriebe in der Baumwollverarbeitung und Spinnereien verstoßen demnach stark gegen heimisches und internationales Arbeitsrecht. Entlang der gesamten Lieferkette sei Beschäftigung ohne Verträge, ohne Zugang zu sozialen Sicherungssystemen und fern von existenzsichernden Löhnen häufig, gewerkschaftliche Interessenvertretung hingegen die Ausnahme.
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