Der Anfang vom Ende?

AKP-Gruppe
Wie sollen die Beziehungen der EU zu den Ländern Afrikas, der Karibik und des Pazifik nach 2020 aussehen? Noch dieses Jahr sollen die Beratungen darüber beginnen. Das EU-Parlament will das Verhältnis zu den Ex-Kolonien komplett umkrempeln.

Der Vertrag von Cotonou zur Zusammenarbeit mit den 79 AKP-Ländern läuft im Jahr 2020 aus; ab Dezember soll über die Nachfolge verhandelt werden. Die EU-Kommission und der Ministerrat haben bisher noch nicht zu erkennen gegeben, wie sie sich einen neuen Vertrag vorstellen. Das EU-Parlament hingegen hat auf Initiative des Entwicklungsausschusses Anfang September seine Ideen präsentiert. Die übrigen Ausschüsse unterstützen die Vorlage; bei der Abstimmung im Plenum Anfang Oktober dürfte sie auf breite Zustimmung stoßen.

Das EU-Parlament würde die Beziehungen der EU zu den AKP-Ländern gründlich umbauen: Ein Rahmenvertrag soll Leitlinien enthalten, die auf die UN-Nachhaltigkeitsziele und auf Prinzipien wie Menschenrechte, Demokratie, gute Regierungsführung und Rechtstaatlichkeit ausgerichtet sind. Ein „politischer Dialog“ mit der Gesamtheit der AKP-Partner soll die Verwirklichung dieser Ziele und Prinzipien verfolgen.

Die praktische Entwicklungszusammenarbeit hingegen soll regional organisiert werden. Schon allein die geographischen Unterschiede legten nahe, Entwicklungsvorhaben in Afrika, in der Karibik und im pazifischen Raum auf regionaler Ebene zu betreiben statt auf der Ebene aller AKP-Länder. Diese Regionalisierung erlaube es auch, so das Parlament, bei bestimmten Vorhaben Nachbarländer einzubeziehen, die nicht zur AKP-Gruppe gehören. Das Parlament bietet mit dieser Idee einen Kompromiss für eine aufkommende Grundsatzdebatte zwischen EU-Regierungen: Einige EU-Mitglieder plädieren dafür, die AKP-Gruppe zu erweitern, andere hingegen würden sie auflösen und die Entwicklungszusammenarbeit über regionale Vertragsbeziehungen oder über die spezifischen EU-Instrumente etwa für die Kooperation mit den ärmsten Ländern abwickeln.

Fokus der Kooperation mit Afrika hat sich verschoben

Die Aufteilung in regionale Gruppen würde zudem den Umstand berücksichtigen, dass sich mit der verstärkten Zusammenarbeit mit der Afrikanischen Union (AU) der Schwerpunkt der EU-Beziehungen zum Nachbarkontinent in den letzten Jahren verschoben hat. Ein Beispiel dafür ist die aus dem Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) gespeiste „Afrikanische Friedensfaszilität“ zur Unterstützung von Militär- und Polizeieinsätzen in Konflikten wie in der Zentralafrikanischen Republik und Somalia. Das Parlament hält das für eine Zweckentfremdung des EEF, aus dem eigentlich die Zusammenarbeit mit den AKP-Ländern finanziert wird.

Für eine anderweitige Verwendung sei eine besondere Vereinbarung mit der AU nötig. Dafür müsste die EU zusätzliche Mittel bereitstellen, fordert das Parlament, statt den EEF anzuzapfen. Eine Regionalisierung der Zusammenarbeit würde zudem Vereinbarungen mit Ländern erleichtern, die nicht der AKP-Gruppe angehören. Dies beträfe die Zusammenarbeit in Migrationsfragen mit Ägypten und anderen nordafrikanischen Ländern. In der Karibik wären gemeinsame Vorhaben mit Ländern leichter, die weder der AKP-Gruppe noch dem Wirtschaftsabkommen (EPA) mit der Region angehören wie Kuba oder Französisch-Guyana.

Der Europäische Entwicklungsfonds sollte nach dem Willen des Parlaments auf jeden Fall in den EU-Haushalt einbezogen werden. Damit käme er mit den übrigen Geldtöpfen für Entwicklungsaufgaben unter ein gemeinsames Dach. Das würde zudem das demokratische Defizit beheben, dass der sechs Milliarden Euro schwere Fonds praktisch außerhalb der parlamentarischen und öffentlichen Kontrolle operiert.

Dieses Defizit sieht das Parlament auch in etlichen AKP-Ländern. Die Parlamente und die Zivilgesellschaft dort müssten auf allen Ebenen der Zusammenarbeit mit der Europäischen Union vertreten sein. Die Gemeinsame Parlamentarische Versammlung von EU und AKP müsste in Entscheidungen des EU-AKP-Ministerrats einbezogen werden. Davon abgesehen müssten die Abordnungen, die die AKP-Länder in die gemeinsame Versammlung schicken, so zusammengesetzt sein wie deren einheimische Parlamente – es müsste also  auch die parlamentarische Opposition vertreten sein, die bisher in den Delegationen einiger Länder nicht dabei sein darf.

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erschienen in Ausgabe 10 / 2016: Welthandel: Vom Segen zur Gefahr?
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