Es ist wieder passiert. Bis zu 500 Flüchtlinge sind Berichten zufolge bei einem Schiffsunglück auf dem Mittelmeer gestorben - offenbar weil kriminelle Schlepper viele Passagiere gezwungen hatten, auf offener See auf ein bereits überladenes Boot umzusteigen. Unter ihnen vor allem Menschen aus Eritrea, Äthiopien und Somalia, die von der ägyptischen Küste aus nach Griechenland übersetzen wollten. Die Öffentlichkeit nimmt die Tragödie bestenfalls als traurige Randnotiz wahr. Die Opfer verschwinden in der anonymen Masse der Flüchtlinge.
Dass jeder „Flüchtling“ seine ganz eigene Geschichte zu erzählen hat, zeigt beispielhaft das Online-Projekt „Somali Faces“, auf dem hunderte Somalis von ihren Erfahrungen mit Flucht, dem Leben in der Diaspora und in der Heimat berichten. Die Macher des Projekts wollen mit den Porträts dazu beitragen, die klischeehaften Vorstellungen über die Somalier zu durchbrechen. Die seien eben nicht in erster Linie schießwütige Warlords, gefährliche Piraten oder bedürftige Flüchtlinge, sondern ganz normale Menschen, heißt es auf der Webseite.
Die Idee für das Projekt hatten die Aktivistin Donia Jamal Adam und der Autor Mohammed Ibrahim Shire. Sie wollen damit auch ein Zeichen für die Einheit der Somalier setzen, die endlich das Clandenken überwinden sollten, das so viel Unheil über das Land gebracht habe.
Adam und Shire haben für das Projekt mit Somaliern aus der Diaspora und dem Horn von Afrika gesprochen. Seit Beginn des Bürgerkriegs 1991 haben Millionen Somalier ihre Heimat verlassen. Zwar sind in den vergangenen Jahren vermehrt Auswanderer vor allem in die relativ sichere Republik Somaliland zurückgekehrt. Das Schiffsunglück im Mittelmeer führt aber vor Augen, dass auch aus dieser Region weiter Menschen anderswo ihr Glück suchen: Fast die Hälfte der Opfer stammte aus Somalia.
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