Brüsseler Brautschau

Bisher hatte die Europäische Union neun Staaten als „strategische Partner“ auserkoren, fünf weitere sollen nach Vorschlag der EU-Außenamtskommissarin Catherine Ashton demnächst hinzukommen. Die noch offene Liste sollte den Chefs der EU-Regierungen auf einem Treffen Mitte September zur EU-Außenpolitik als Anregung dienen. Ziel: Die Rolle Europas in der Weltpolitik stärken.

Nach Ansicht von EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy hat Europa auf der Kopenhagener Klimakonferenz vor einem Jahr eine arge Niederlage einstecken müssen, als US-Präsident Barack Obama mit den Entwicklungsländern die Schlussübereinkunft aushandelte – ganz ohne die Europäer. „Dadurch ist der Eindruck entstanden, dass die EU ins Abseits gestellt wurde“, so Van Rompuy nach dem informellen EU-Gipfel am 16. September. „Wir werden uns jetzt gewahr, wie sich die wirtschaftliche Stärke der Entwicklungsländer zur politischen Macht wandelt.“

Autor

Heimo Claasen

ist freier Journalist in Brüssel und ständiger Mitarbeiter von "welt-sichten".

Mit der Suche nach allerlei „strategischen Partnern“ will Brüssel deshalb offenbar die Selbstdarstellung Europas verbessern. Der schwammige Begriff ist zwar bisher nicht genauer definiert, taucht aber seit 2007 immer mal wieder in Schlusserklärungen von bilateralen Treffen auf. Praktisch verbunden waren damit bisher vor allem engere Kontakte zu Vertretern der betreffenden Länder. Auf der Liste stehen freilich Staaten, die ohnehin für die EU wichtig sind: die USA und Kanada, Japan, Russland, Mexiko, Brasilien, China, Indien und Südafrika. Dazukommen sollten nun nach Ashtons Vorschlag zumindest Ägypten, Israel, die Ukraine, Pakistan, Indonesien und Südkorea. Es traf sich gut, dass eine Vielzahl der Auserwählten Anfang Oktober zu bilateralen Treffen mit der EU beziehungsweise zur Großveranstaltung des „Asien-Europa-Treffens“ (ASEM) zusammenkamen, dem zweijährigen Gipfel der 27 EU-Länder und 17 Ländern aus Asien sowie Australien und Neuseeland. Doch bei den Terminen mit Südafrikas Präsident Jacob Zuma und Chinas Premier Wen Jiabao wurden auch ein paar Schlaglöcher auf den Gipfelwegen sichtbar. So verstand Zuma die „strategische Partnerschaft“ wohl auf etwas andere Weise als Brüssel. Die EU sollte verstehen, dass die von der EU forcierten Freihandelsverträge mit dem südlichen Afrika, mit denen die Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika (SADC) auseinandergeteilt würde, mit einer solchen Partnerschaft nicht zu vereinbaren seien. Zudem, so Zuma, müsse die EU ihre Sanktionen gegen Simbabwe aufheben, denn sie wirkten den Bemühungen der SADC um Reformen dort entgegen.

Südafrika versteht etwas anderes unter Partnerschaft

Chinas Regierung wiederum war vom Drängen der Europäer auf eine Aufwertung der chinesischen Währung so verärgert, dass sie eine gemeinsame Pressekonferenz der Präsidenten von EU-Kommission und -Ministerrat und dem chinesischen Premier Wen Jiabao nach Abschluss des EU-China-Gipfels am 6.Oktober absagte.

Immerhin brachte das ASEM-Treffen aus Brüsseler Sicht ein kleines Erfolgserlebnis, das die Schmach von Kopenhagen zumindest etwas wettmacht: Im Abschlussdokument des Treffens erklären die Teilnehmer, sie strebten ein „rechtlich bindendes“ Ergebnis der UN-Klimaverhandlungen an. Das ist genau der Punkt, der von Obama geschickt aus der Kopenhagener Erklärung herausgehalten worden war.

 

erschienen in Ausgabe 11 / 2010: Arabische Welt: Umworben und umkämpft
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