„Que te vaya bien“ sagt man in Mexiko und Lateinamerika, wenn man sich zur Verabschiedung alles Gute wünscht. Wörtlich übersetzt: Es möge dir gut gehen! Das fiel mir ein, als ich an die vor uns liegenden UN-Klimaverhandlungen im mexikanischen Cancún in diesem Dezember dachte. Sind wir nicht mit verantwortlich, dass sich der von uns zunächst floskelhaft dahin gesagte Wunsch auf eine gute Zukunft für die Menschen und die zukünftigen Generationen tatsächlich erfüllt? Auch in Mexiko werden aufgrund des Klimawandels Ernteeinträge einbrechen und Hurrikane mit immer größerer Wucht über das Land ziehen. Eine neue Studie der Princeton University geht davon aus, dass dadurch bis zum Jahr 2050 rund 6,7 Millionen Mexikaner in die Migration getrieben werden.
Autor
Josef Sayer
war bis Ende März 2012 Hauptgeschäftsführer und Vorstandsvorsitzender von Misereor.Fest steht: Der Klimawandel trifft vor allem die Ärmsten. Inzwischen fordern deshalb nicht nur wir Entwicklungsorganisationen, sondern auch Umweltverbände „Klimagerechtigkeit“, um den Menschen in den Südkontinenten ein würdiges Leben zu ermöglichen. Die Klimafolgen für Entwicklungsländer können uns nicht gleichgültig sein; das Schicksal der einen ist mit dem der anderen eng verknüpft. Auch das Los der kommenden Generationen dürfen wir nicht aus dem Blick verlieren.
Doch inwiefern handeln wir auch danach? Die globale Durchschnittstemperatur hat sich bereits um 0,8 Grad Celsius seit der Industrialisierung erhöht. Wir müssen erkennen, dass die Prognosen der Klimawissenschaft eintreten: Jahrhundertfluten wie in Pakistan folgen inzwischen bereits im Takt weniger Jahre aufeinander. Wir wissen außerdem, dass eine weitere Erwärmung aufgrund der bereits heute in unserer Atmosphäre angereicherten Treibhausgase nicht mehr abzuwenden ist. In Zukunft werden Klimakatastrophen daher weit häufiger und heftiger auftreten. Dennoch reagiert die Welt zumeist nur. Nothilfe für Menschen in Katastrophensituationen wie derzeit in Pakistan ist notwendig und wichtig, aber nicht hinreichend. Wir sollten zugleich vorausschauend handeln und zukünftigen Klimakatastrophen vorbeugen.
Deutschland als Industrienation steht hier mit als erste in der Pflicht. Der Ausbau erneuerbarer Energien ist zentral und erfordert eine Abkehr von fossilen Energieressourcen und vom Uran. Doch weiterhin sind in Deutschland 22 neue Kohlekraftwerke geplant oder bereits im Bau. Dieser Weg ist gegenüber den Menschen in Entwicklungsländern nicht vertretbar: Studien beispielsweise des Sachverständigenrats in Umweltfragen der Bundesregierung belegen, dass eine hundertprozentige Versorgung mit erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2050 möglich ist.
Auch auf dem internationalen Parkett werden verbindliche Klimaschutzverpflichtungen von Jahr zu Jahr verschoben, während unseren Partnern in den Südkontinenten die Zeit davonläuft. Misereor hat daher gemeinsam mit dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, dem Münchener Institut für Gesellschaftspolitik und der Münchener Rück-Stiftung Lösungen für eine gerechte Klima- und Entwicklungspolitik erarbeitet. Es geht um einen globalen, aber gerechten Handel, der wissenschaftliche Erkenntnisse mit ethischen Überlegungen verbindet und das Los der Menschen in Entwicklungsländern berücksichtigt.
Ich selbst habe im Rahmen der Arbeit an der Studie „Global, aber gerecht“ in der Sahelzone erleben können, wie sich unsere Partner mit Mut und Engagement an die bereits heute spürbaren Klimafolgen anpassen. Sie strecken den Industrieländern, den Hauptverursachern von Emissionen, nicht einfach fordernd ihre Hand für Hilfe bei der Anpassung entgegen, sondern suchen kreativ nach Möglichkeiten, das Ihre zur Bekämpfung des Klimawandels zu tun. Das Verhalten dieser Menschen, die kaum zum CO2-Ausstoß beitragen, ist für mich beispielhaft. Nach den UN-Klimaverhandlungen 2010 in Mexiko werden wir uns wieder mit einem „Que te vaya bien“ verabschieden. Hoffentlich ist es dann nicht nur eine Floskel, sondern ein Ziel, für das wir uns gemeinsam in Nord und Süd, als Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländer, einsetzen werden.