Das große Geschäft mit dem kleinen Geld

Soziale Vergabekriterien sollen den Nutzen von Mikrofinanzdiensten sicherstellen

Mikrofinanz-Anleger interessieren sich nicht nur für Aspekte wie Liquidität, Risiko und Rendite. Sie wollten auch Informationen über den Nutzen von Mikrokrediten vor Ort, erklären Klaus Tischhauser, Direktor der Anlageplattform ResponsAbility – Social Investments AG und Jean-Pierre Klump, Geschäftsführer von Blue Orchard Finance. Auch für die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) sei es wichtig, die Wirksamkeit von Mikrofinanzdiensten nachzuweisen, sagte DEZA-Direktor Martin Dahinden Anfang Juli vor den Medien in Bern. Hier tagten rund 200 Fachleute aus dem Mikrofinanzbereich, von Rating-Agenturen sowie Wissenschaftler und Geber der Social Performance Task Force (SPTF). Das Mandat der im UN-Mikrofinanzjahr 2005 gegründeten SPTF lautet, soziale Standards in der Mikrofinanzbranche zu verankern.

Die Fondsmanager Tischhauser und Klump sind überzeugt, dass Standards die Transparenz und so die Glaubwürdigkeit der Anlagen erhöhen. ResponsAbility und Blue Orchard haben Indikatoren weiterentwickelt, die auch ein Rating der Mikrofinanz-Institutionen ermöglichen. Die DEZA bringt weitere Analyseinstrumente und Know-how ein.

Auf dem Land ist der Zugang zu Finanzdiensten schlecht

Das privat-öffentliche Engagement ist groß: Schweizer Fondsmanager haben 2009 über 34 Milliarden Franken (25,5 Milliarden Euro) in nachhaltige Anlagen investiert. Davon gingen rund 1,5 Mrd. Franken (1,12 Milliarden Euro) in den Mikrofinanzbereich. Dennoch haben zwei Drittel der Weltbevölkerung immer noch keinen Zugang zu Finanzdienstleistungen, vor allem in ländlichen Regionen. Die in Bern versammelten Fachleute waren sich einig, dass hier professionelle Spar- und Leihkassen geschaffen werden müssen, zu denen sowohl Frauen als auch Männer Zugang haben. Das soll laut Laura Foose, der Koordinatorin der Social Performance Task Force, nun in sozialen Vergabekriterien verbrieft werden.

Zu einer „guten Praxis“ gehört auch, eine Überschuldung der Klientel, vorwiegend Frauen-Genossenschaften, zu vermeiden. In einigen Ländern wie Bosnien-Herzegowina, Nicaragua oder Kambodscha sei es mangels staatlicher Regulierung des Finanzmarkts zu einer Überhitzung des Mikrofinanzmarkts gekommen. Viele Kunden haben bei mehreren Institutionen Kredite aufgenommen und sind in Rückzahlungsschwierigkeiten geraten.

Abhilfe schaffen können auch hier soziale Standards und die Berichterstattung an zentrale Stellen, betonten die Fachleute. Mikrofinanz-Anbieter müssten sich stets die Verletzlichkeit ihrer Klientel vor Augen halten, erklärte Laura Foose. Fondsmanager wie Klaus Tischhauser und Jean-Pierre Klump äußerten sich überzeugt, dass gute Akteure der Branche die Überschuldung ihrer Klientel verhindern könnten. Dies sei auch für die finanzielle Nachhaltigkeit ihrer Produkte zentral.

erschienen in Ausgabe 8 / 2010: Metropolen: Magnet und Molloch
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