Leere Kalorien anreichern?

Mangelernährung
Die neue Nachhaltigkeitsagenda will den versteckten Hunger bekämpfen. Ob künstliche Zusätze für Nahrungsmittel dazu beitragen, ist umstritten. Landwirtschaftsminister Schmidt lehnt sie ab.

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) hat sich gegen die Verbreitung künstlicher Nahrungsmittelzusätze im Kampf gegen die Mangelernährung ausgesprochen. Solche Zusätze sollten nur in Notfällen genutzt werden, sagte Schmidt bei einer Veranstaltung von Brot für die Welt in Berlin.

Weltweit leiden rund zwei Milliarden Menschen unter Mangelernährung: Sie ernähren sich einseitig und ungesund. Der Mangel an Vitaminen und Spurenelementen wie sie in Fleisch, Fisch, frischem Gemüse, Obst und Eiern enthalten sind, macht anfälliger für Krankheiten und antriebslos. Die neuen Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen, weiten das Grundrecht auf Nahrung auf den Zugang zu ausreichender und gesunder Ernährung aus. Bis zum Jahr 2030 soll der sogenannte versteckte Hunger überwunden sein, so das Ziel.

Zuspruch für die künstliche Anreicherung von Nahrungsmitteln kommt vor allem aus der Industrie. Nicht in allen Regionen herrschten optimale Ernährungsbedingungen, sagte Manfred Eggersdorfer, Professor an der Universität Groningen und Vertreter des Herstellers von Nahrungsergänzungsmitteln DSM. Zusätze, etwa bei der einseitigen Ernährung mit Reis, seien daher sinnvoll: „Das sind leere Kalorien, wir reichern sie an.“

Gesunde Ernährung durch nährstoffreiche Sorten

Auch Organisationen wie Brot für die Welt lehnen die Nahrungsmittelergänzung nicht grundsätzlich ab. Die Jod-Anreicherung von Salz und die Anreicherung von Süßkartoffel-Saatgut mit Vitamin-A seien sinnvoll. Wichtiger sei jedoch, Sorten mit einer schlechten Nährstoffbilanz, wie den weit verbreiteten Industriereis, durch nährstoffreichere Sorten zu ersetzen, sagte Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin von Brot für die Welt.

Minister Schmidt sagte, er bemühe sich, Landwirtschaft, Ökologie und soziale Gesichtspunkte zu vereinen. In diesem Sinne unterstütze er den Aufbau einer heimischen Züchtungswirtschaft, die auf traditionelles Saatgut zurückgreift. Beim Kampf gegen die Mangelernährung gehe es aber ebenso um Landrechte von Kleinbauern wie darum, nach der Ernte den Verlust von Nährstoffen mit technischen Mitteln etwa zur Lagerhaltung einzudämmen. Die Produktion eines vielfältigen Angebots an Nahrungsmitteln sei in Zeiten der industriellen Agrarwirtschaft und Monokulturen eine Herausforderung.

Aber auch die Strategie der deutschen Politik im Kampf gegen die Mangelernährung in Entwicklungsländer sei nicht stimmig, bemängeln Kritiker. So investiere die Entwicklungshilfe zwar in den Aufbau von Hühnerfarmen und Milchwirtschaft. Zugleich mache die europäische Handelspolitik den jungen Industrien das Leben schwer, indem etwa die Märkte in Westafrika mit subventionierten Fleischexporten aus Europa überschwemmt würden.

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