Belohnung für die Täter

Der Gesetzentwurf der Regierung zur Rückerstattung sogenannter Potentatengelder an die Herkunftsländer sei in wichtigen Punkten nicht ausreichend, kritisieren mehrere entwicklungspolitische Organisationen und politische Parteien. Deshalb fordern sie Ergänzungen und eine Ausweitung des Gesetzes auf Privatunternehmen.

Das Gesetz soll die Rücküberweisung privater Vermögen von Schweizer Bankkonten an die Herkunftsländer regeln, falls die Kontoinhaber die rechtmäßige Herkunft des Geldes nicht nachweisen können. Bereits Mitte Juni berät der Ständerat, die Vertretung der Kantone, über das neue Gesetz. Die Regierung (Bundesrat) hat den Entwurf vorangetrieben und die Beratungen dazu (Vernehmlassung) Mitte April abgeschlossen. Das peinliche Urteil im Fall Duvalier, dem zufolge es keine Rechtsgrundlage dafür gebe, das Geld an Haiti zurück zu überweisen, hatte im Januar für einen neuen Anlauf gesorgt. Der Bundesrat hat die Duvalier-Millionen bis zum Inkrafttreten einer neuen Rechtsgrundlage blockiert.

Ohne Rechtshilfegesuch keine Rückgabe

Der Umgang mit Potentatengeldern beschäftigt die Schweiz seit Jahren. Rechtsstreitigkeiten mit den Clans ehemaliger Diktatoren wie den Duvaliers und den Mobutus aus dem heutigen Kongo-Kinshasa haben Gesetzeslücken bei der Sperrung und Rückerstattung von Potentatengeldern deutlich gemacht. Einige Lücken bleiben auch im nun zu beratenden Entwurf bestehen, kritisieren eine Allianz entwicklungspolitischer Organisationen und die bürgerliche Christliche Volkspartei.

Die Aktion Finanzplatz Schweiz, Alliance Sud, Brot für Alle, Erklärung von Bern, Fastenopfer und Transparency International Schweiz begrüßen zwar in ihrer Stellungnahme, dass mit dem Gesetz „ein lange erwartetes Instrument“ geschaffen werde, mit dem verhindert werden könnte, dass offensichtlich illegal erworbene Gelder auf Schweizer Konten den Tätern zurückgegeben werden müssen. Die Organisationen und Parteien kritisieren jedoch, dass solche Vermögen nur dann gesperrt und ins Herkunftsland überwiesen werden können, wenn die Behörden dort ein offizielles Rechtshilfeersuchen stellen. „Solange eine betroffene politisch exponierte Person und ihr Umfeld Einfluss auf die Regierung und das Justizsystem eines Landes haben, können sie das Rechtshilfeverfahren und damit die Sperrung ihres Vermögens verhindern. Hier widerspricht der Gesetzentwurf seinem eigentlichen Zweck“, bemängelt Mark Herkenrath von Alliance Sud.

Das Gesetz müsse deshalb auch dann angewendet werden können, wenn das Herkunftsland kein Rechtshilfegesuch stellen könne oder wolle, fordert Max Mader von der Aktion Finanzplatz Schweiz. Die Organisationen plädieren dafür, dass auch die Schweiz und zivilgesellschaftliche Organisationen ein Verfahren zur Blockierung, Beschlagnahmung und Rückführung von Potentatengeldern auslösen können, wenn die Behörden des Herkunftslandes nicht handeln.

Außerdem monieren sie, dass sich der Gesetzesentwurf stark an den Geschäftsinteressen des Finanzplatzes Schweiz und zu wenig an den Bedürfnissen der Bevölkerung der Entwicklungsländer orientiere. Die „gütliche Einigung“, die der Entwurf vorsieht, belohne die Täter mit Straflosigkeit und einem Teil der veruntreuten Gelder, bemängelt Mader. Er verlangt zudem, dass die Geltung des Gesetzes auf hochrangige Vertreter von Privatunternehmen ausgedehnt wird. Denn in vielen Ländern seien Unternehmen mit der Politik in Netzwerken unrechtmäßiger Bereicherung verflochten.

 

erschienen in Ausgabe 6 / 2010: Vom klein sein und groß werden
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