In Liberia sind die Auswirkungen der Ebola-Epidemie auf die Wirtschaft, die innere Sicherheit, das Bildungssystem und das gesamte soziale Leben längst nicht überwunden. Viele Familien, die einen Ebola-Fall hatten, und Menschen, die die Krankheit überlebt haben, werden diskriminiert und ausgegrenzt. „Wir sind ein doppelt traumatisiertes Volk“, sagt Elizabeth Mulbah, Präsidentin der Christian Health Association in Liberia (CHAL).
Der Bürgerkrieg von 1989 bis 2003 habe 250.000 Tote gefordert. „Wir waren gerade dabei, die Folgen und Traumata dieser Zeit anzugehen. Ebola hat uns vollends in die Knie gezwungen“, sagt die 68-Jährige, die durch die Epidemie eine Tochter und eine Enkelin verloren hat. Besonders große Anstrengungen werden für den Aufbau eines stabilen Gesundheitssystems nötig sein. Denn dessen Schwäche war eine der Ursachen dafür, dass sich das hochansteckende Ebola-Virus so schnell ausbreiten konnte. In Liberia kommt auf 70.000 Einwohner ein Arzt, und die Gesundheitseinrichtungen waren schlecht ausgestattet. Oft fehlte es nicht nur an Handschuhen und Desinfektionsmitteln, sondern auch am Wissen über das gefährliche Virus.
„378 Gesundheitsfachkräfte haben sich bei der Arbeit mit Ebola angesteckt, 192 sind gestorben“, sagt Gisela Schneider. Die Direktorin des Deutschen Instituts für Ärztliche Mission (Difäm) war in den vergangenen Monaten zwei Mal in Liberia, um zusammen mit den Verantwortlichen von CHAL über Hilfs- und Sicherheitsmaßnahmen zu beraten. Auf deutscher und europäischer Ebene hat sie sich für eine schnelle und umfangreiche Unterstützung der westafrikanischen Länder eingesetzt. „Es wird nicht leicht sein, die personellen Lücken im liberianischen Gesundheitswesen zu füllen“, befürchtet Schneider.
„Schon vor der Epidemie war der Mangel an gut ausgebildetem Personal groß.“ Nun müsse alles daran gesetzt werden, neue Fachkräfte auszubilden und sie im Land zu halten. Das sei schwierig: „Seit Jahren verlassen viele Ärzte und Pfleger wegen der geringen Gehälter ihre Heimat und suchen in Europa oder Amerika eine Arbeit. Wenn sie bleiben sollen, müssen sie besser bezahlt werden“, fordert die Medizinerin. Wie das geschehen soll, sei bisher nicht klar. Ein rein steuerfinanziertes Modell lasse sich in Liberia angesichts des niedrigen Steueraufkommens nicht umsetzen. „Diese Frage wird international diskutiert werden müssen.“
Internationale Unterstützung ist mehr als Geld
Auch die verbliebenen Gesundheitsfachkräfte in Liberia brauchen Unterstützung. Viele sind traumatisiert, weil sie miterleben mussten, wie Kolleginnen und Kollegen starben. Zeitweise war die Angst vor einer Ansteckung so groß, dass Einrichtungen geschlossen wurden. „Wir werden nie die Zahl derer kennen, die in dieser Zeit an Malaria oder an anderen Krankheiten gestorben sind, weil sie nicht medizinisch versorgt wurden“, sagt Mulbah.
Mit Partnern wie dem Difäm plant CHAL bereits erste Programme für das medizinische Personal und psychosoziale Workshops für Menschen mit posttraumatischen Belastungsstörungen. Auch bei der fachlichen Ausbildung könnten Partner eine große Rolle spielen. „Es ist besser, jemand aus dem Westen kommt und bildet viele Leute vor Ort aus, als wenn wir einzelne zur Ausbildung wegschicken, und sie kommen nicht mehr zurück“, sagt Mulbah.
Damit sich eine ähnliche Katastrophe nicht wiederholt, muss zudem Geld in die Ausstattung von Kliniken und Gesundheitsstationen fließen. Dafür wird Liberia ebenfalls auf Hilfe von außen angewiesen sein. Eines habe Ebola aber auch gelehrt, sagt Mulbah. Internationale Unterstützung sei nicht nur eine Frage des Geldes. „Es war ungemein hilfreich, dass unsere Partner während der Krise zu uns gekommen sind, mit uns beraten haben, wie es weitergehen kann und uns Mut gemacht haben“, betont Mulbah. „Das brauchen wir weiterhin.“
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