Fleisch ist ein Stück Lebenskraft. Diesen Slogan, längst zur Kabarett-Nummer und zum kultigen T-Shirt-Aufdruck avanciert, ersann vor mehr als 45 Jahren die inzwischen aufgelöste Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft (CMA). Ziel der Kampagne war es, den Deutschen den Nährwert von Schnitzel, Würstchen und Braten näher zu bringen und so für einen besseren Absatz dieser Lebensmittel zu sorgen. Das ist inzwischen nicht mehr nötig. Seit Jahren steigt der Appetit auf Rind, Schwein, Pute und Lamm kontinuierlich – vor allem in Schwellen- und Entwicklungsländern.
Laut dem neuesten Bericht der Welternährungsorganisation FAO hat sich der jährliche Fleischkonsum in den Ländern des Südens zwischen 1980 und 2005 auf 30,9 Kilo pro Person mehr als verdoppelt, in China auf 59,5 Kilo sogar vervierfacht. Angesichts der weiter steigenden Nachfrage rechnet die FAO bis 2050 mit einer Verdoppelung der jährlichen Fleischproduktion auf 463 Millionen Tonnen. Sie schätzt, dass sich die Zahl der Rinder von heute 1,5 auf 2,6 Milliarden, die der Ziegen und Schafe von 1,7 auf 2,7 Milliarden erhöhen wird. Bereits in den vergangenen Jahren ist die Zahl der großen Betriebe mit Massentierhaltung, sogenannte Tierfabriken, die besonders billig produzieren können, erheblich gestiegen. Diese Entwicklung wird sich fortsetzen.
Autorin
Gesine Kauffmann
ist Redakteurin bei "welt-sichten".Sie birgt hohe Risiken für das Klima, die Umwelt und die Gesundheit. Zwar streiten sich die Experten, wie hoch der Beitrag der Produktion von Fleisch, Milch, Eier und Käse zum globalen Treibhausgasausstoß tatsächlich ist – laut FAO sind es 18 Prozent (und damit mehr als der des weltweiten Straßenverkehrs), laut Worldwatch-Institut sogar 51 Prozent. Doch die negativen Folgen für das Klima sind unbestreitbar: Rinder stoßen das klimaschädliche Gas Methan aus, der Bau von Anlagen zur Massentierhaltung verbraucht Kohlendioxid und die Abholzung von Regenwald für den Anbau von Tierfutter wirkt sich ungünstig auf die CO2-Bilanz des Planeten aus. Außerdem verbrauchen Tierfabriken viel Wasser und Energie, Kot und Gülle verschmutzen Böden und Gewässer.
Darüber hinaus fördert die Massentierhaltung vor allem von Schweinen und Geflügel die Entstehung und Ausbreitung neuer Viren, die auf Menschen überspringen können und zum Teil tödliche Krankheiten verursachen. Jüngstes Beispiel ist die Schweinegrippe, deren Ausbruch in der mexikanischen Kleinstadt La Gloria vor gut einem Jahr von Wissenschaftlern und zivilgesellschaftlichen Organisationen mit einer nahegelegenen Schweinefarm in Verbindung gebracht wird. Dort werden in 18 Ställen auf engstem Raum insgesamt 15.000 Tiere gehalten, Anwohner klagen seit Jahren über Umweltverschmutzung.
Eine Begrenzung der Massentierhaltung käme auch den Bauern in Entwicklungsländern entgegen
Die mexikanischen Behörden und der US-amerikanische Betreiber bestritten jedoch jeglichen Zusammenhang. Mexikos Regierung hat sogar Abstand davon genommen, das Unternehmen auf die Einhaltung der mexikanischen Umweltschutzrichtlinien zu verpflichten. Das US-amerikanische Institut für nationale Gesundheit warnt davor, dass eine steigende Zahl von Schweinemastbetrieben in enger Nachbarschaft von Hühnerfarmen die Entwicklung weiterer Krankheiten vorantreiben könnte.
Das sind keine angenehmen Aussichten. Sollen wir deshalb künftig völlig auf Fleisch verzichten, wie es etwa der prominente britische Umweltökonom Nicolas Stern fordert? Das lässt sich wohl kaum durchsetzen. Für die Armen in Entwicklungsländern stellt sich diese Frage ohnehin nicht; sie brauchen alle pflanzlichen und tierischen Nährstoffe, die sie bekommen können. Verbraucherinnen und Verbraucher in den Industrieländern und die wohlhabenden Schichten in den Ländern des Südens hingegen sollten tatsächlich weniger Fleisch essen, solchem aus artgerechter Tierzucht den Vorzug geben und damit diese Form der Landwirtschaft stärken. Das ist zwar teurer, aber umweltverträglicher und gesünder.
Die Wirkung dieser Politik mit dem Einkaufskorb darf aber nicht überschätzt werden. Zusätzlich notwendig sind gesetzliche Regeln zur Größe von Farmen und zur Art der Tierhaltung sowie strengere Auflagen und Kontrollen beim Umweltschutz und bei der Biosicherheit. Eine Begrenzung der Massentierhaltung und des Handels mit ihren Erzeugnissen käme auch der rund eine Milliarde Bauern in Entwicklungsländern entgegen, die mit traditioneller Viehzucht ihren Lebensunterhalt verdienen. In der Konkurrenz zu den Tierfabriken, die sich in der Hand weniger multinationaler Konzerne befinden, haben sie keine Chance.