Infolge der Wirtschaftskrise sei die Nachfrage weltweit gesunken, und das treffe Exporteure von Rohstoffen ebenso wie die von Fertigprodukten, erklärte Ko-Autor Jens Martens vom GPF Europe bei der Vorstellung der Studie im Februar in Bonn. Auch die Steuereinnahmen brächen weg, was die Finanzierung von Bildung, Gesundheit und sozialer Sicherung erheblich schwieriger mache. Schließlich werde in riesigem Umfang Privatkapital aus den Entwicklungsländern abgezogen, und die Direktinvestitionen seien weltweit um ein Drittel eingebrochen. Deshalb fließe derzeit unterm Strich sogar Kapital aus den Entwicklungsländern ab. „Diese Situation hat es zuletzt 1984 gegeben“, resümierte Martens. „Die Finanzkrise erreicht die Entwicklungsländer zwar verzögert, aber doch mit voller Wucht.“
Wie weit sind die armen Länder selbst verantwortlich?
Ulla Mikota vom Bundesentwicklungsministerium (BMZ) erläuterte, ihr Haus bemühe sich, im Rahmen der entwicklungspolitischen Möglichkeiten auf die Krise zu reagieren. So habe zum Beispiel die KfW-Entwicklungsbank eine neue Mikrofinanz-Fazilität mit einem geplanten Volumen von circa einer halben Milliarde US-Dollar aufgelegt. Bereits 2008 habe das BMZ den Lokalwährungsfonds TCX aufgestockt, der Kredite in lokaler Währung an Entwicklungsländer vergibt, die so das Wechselkursrisiko umgehen können.
Ulrich Post, der Vorsitzende des Verbandes entwicklungspolitischer Nichtregierungsorganisationen (VENRO), bemängelte an der Studie, sie vernachlässige die Frage nach den besonderen Risiken für fragile Staaten. Zudem müsse die Mitverantwortung der Entwicklungsländer für Missstände wie die grassierende Kapitalflucht oder Hunger deutlicher hervorgehoben werden. So sei die prekäre Ernährungssituation in Kenia zu einem bedeutenden Teil von korrupten Eliten hausgemacht.
Martens entgegnete, die Vorstellung, die Entwicklungsländer seien maßgeblich verantwortlich für ihre Vermögensverluste, sei falsch. Zwei Drittel der Kapitalflucht von bis zu 1000 Milliarden US-Dollar jährlich entfalle auf manipulierte Im- und Exportpreise, vor allem in Geschäften zwischen Filialen von transnationalen Konzernen (transfer pricing). (Uwe Kerkow)