Im März haben die Vereinten Nationen (UN) in Japan mit behinderten Menschen über Katastrophenvorsorge und humanitäre Hilfe diskutiert. Das Ergebnis ist ein toller Erfolg: Eine Richtlinie für die internationale Nothilfe und Katastrophenvorsorge für die kommenden zehn Jahre berücksichtigt erstmals Menschen mit Behinderungen. Drei Jahre haben wir gemeinsam mit Partnern darauf hingearbeitet, dass sie bei der Katastrophenvorsorge nicht mehr vergessen werden. Nun sollen sie bereits bei der Konzeption der Maßnahmen beteiligt werden. Gleichzeitig zeigt das Dokument auf, wie diese barrierefrei gestaltet werden können.
Ich hoffe, dass Papier in diesem Fall nicht geduldig ist. Denn die Zahl der Katastrophen nimmt zu und die Auswirkungen sind dramatisch. Erdbeben, Flut, Dürre – Katastrophen treffen alle hart, aber ganz besonders Menschen mit Behinderungen. Eine Milliarde Menschen auf der Welt leben mit einer Behinderung, vier Fünftel von ihnen in Entwicklungsländern und in größter Armut. Rollstuhlfahrer können Hindernisse nicht überwinden, Menschen mit Sehbehinderung finden den Fluchtweg nicht. Sie werden in der Panik oder aus Not zurückgelassen und sterben. Viele Menschen versuchen nur sich selbst schnell in Sicherheit zu bringen und denken in Notsituationen nicht an ihre Nachbarn mit Behinderungen.
Dabei gibt es ganz einfache Mittel, die Gefahr für Menschen mit Behinderungen zu verringern. Ein Beispiel aus unserer Arbeit in Bangladesch zeigt: Es hilft allen, wenn behinderte Menschen in die Katastrophenvorsorge eingebunden werden. Die 26-jährige Kazol Rekha ist eine beeindruckende junge Frau. In der Region, in der sie lebt, kommt es oft zu schweren Überschwemmungen. Seit einem Unfall vor zwölf Jahren ist sie körperbehindert. Der Ehemann verließ sie nach dem Unfall, ihre Eltern waren bereits verstorben.
Sie bekam einen Rollstuhl und ließ sich mit Unterstützung einer lokalen Organisation zur Schneiderin ausbilden. In diesem Beruf arbeitet sie heute. Sie weiß genau, an welchen Stellen Menschen mit Behinderungen in Katastrophensituationen Unterstützung brauchen, um sich selbst zu helfen. Deshalb ist Kazol Rekha Mitglied des Katastrophenvorsorge-Komitees in ihrem Dorf und sorgt dafür, dass Menschen mit Behinderungen bei Rettungsaktionen berücksichtigt werden.
Das Komitee erstellte zum Beispiel eine Liste der Wohnorte behinderter und alter Menschen sowie schwangerer Frauen und bildete ein Rettungsteam, das regelmäßig Evakuierungen übt. Für die Sicherheit von Menschen mit Behinderungen sorgen zudem barrierefreie und vor allem flutsichere Häuser. Mit der neuen Richtlinie der UN wird es hoffentlich bald mehr solcher Projekte geben.
Autor
Dr. Rainer Brockhaus
ist Direktor der Christoffel-Blindenmission Deutschland.Die Christoffel-Blindenmission (CBM) fordert deshalb, dass Menschen mit Behinderungen in allen für sie relevanten Zielen berücksichtigt werden. Dabei setzen wir auf Entwicklungsminister Gerd Müller. Er hat bereits signalisiert, dass er sich für eine inklusive Entwicklungsagenda einsetzen will. Nun sollte er sich dafür stark machen, dass die inklusive Richtlinie zur Katastrophenvorsorge von Japan Vorbild für die Post-2015-Agenda wird. Wir wollen ihm mit unserer Kampagne „Setz ein Zeichen!“ Rückenwind geben. Je mehr Menschen mitmachen, desto mehr Unterstützung hat Minister Müller für seine Forderungen bei den Post-2015-Verhandlungen.
Wer mitmachen will, kann seine Stimme im Internet abgeben unter www.setz-ein-zeichen.org. Mit Ihrer Unterschrift tragen Sie dazu bei, dass Menschen mit Behinderungen in der Post-2015-Agenda bei der Katastrophenvorsorge und allen anderen für sie relevanten Zielen berücksichtigt werden.
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