Seit Jahren kämpfen nichtstaatliche Organisationen (NGO) und mehrere UN-Organisationen für eine Abschaffung der weiblichen Genitalverstümmelung. Doch die Erfolge sind eher bescheiden. Denn viele Gemeinschaften führen für diese Menschenrechtsverletzung religiöse Gründe an oder betrachten sie als kulturelle Tradition und wehren sich gegen eine Einmischung von außen. Bis zu 140 Millionen Frauen weltweit wurden laut UN-Angaben an ihren Genitalien verstümmelt, jedes Jahr droht dieses Schicksal drei Millionen afrikanischen Mädchen.
Empörung und Wut über diese Behandlung von Frauen, die schwere psychische und gesundheitliche Schäden nach sich zieht und keinerlei medizinischen Nutzen hat, sind berechtigt. Sie dürfen durchaus als Antrieb dienen, im Kampf gegen die Genitalverstümmelung nicht nachzulassen. Doch in der Arbeit vor Ort gilt es, nüchtern und sensibel vorzugehen und die kulturellen und sozialen Normen ernst zu nehmen. Es gibt keine Alternative zur Politik der kleinen Schritte, die es Gemeinschaften ermöglicht, diese Normen zu überdenken.
Die Schocktaktik einiger Organisationen – etwa Bilder der Genitalverstümmelungen an nackten Frauenkörpern zu zeigen –, hat versagt. Auch Gesetze haben bislang wenig Fortschritte gebracht. Seit neun Jahren dürfen etwa Ärztinnen und Ärzte im Jemen in Krankenhäusern keine Genitalverstümmelungen mehr vornehmen. Damit sank aber nicht etwa die Zahl der Eingriffe – sie finden jetzt eben unter schlechteren hygienischen Bedingungen zu Hause statt. Im Senegal steht der Brauch schon seit 1999 unter Strafe. Doch nur dank der mühsamen Bewusstseinsarbeit einer einheimischen NGO konnte erreicht werden, dass mehr als 1400 Dorfgemeinschaften inzwischen beschlossen haben, darauf zu verzichten.
Die Fatwa der islamischen Gelehrten in Mauretanien ist ein ermutigendes Zeichen dafür, dass die Allianz derer, die sich für eine Abschaffung der Genitalverstümmelung einsetzen, breiter wird. Jede Unterstützung wird gebraucht, denn kulturelle Traditionen sind zäh, vor allem wenn sie zusätzlich religiös verbrämt werden. Allerdings darf das Gutachten nicht nur Papier bleiben. Die Imame müssen ihre Botschaft in die Dörfer tragen. (gwo)