TISA – Trade in Services Agreement – heißt das Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen, über das eine Gruppe von 23 Ländern, zumeist Industriestaaten, seit 2012 verhandelt. Es geht darin um Bereiche wie Finanzdienstleistungen, Versorgung mit Energie und Wasser, Gesundheit, Bildung bis hin zum Betrieb von Gefängnissen. Die ersten Treffen in Hinterzimmern der Welthandelsorganisation (WTO) in Genf wurden zunächst geheim gehalten. Seit Juni 2013 treffen sich die Regierungen regelmäßig in der australischen UN-Botschaft ebenfalls in Genf. In ihren Dokumenten nennen sie sich die „really good friends of services“ – die „wirklich guten Freunde von Dienstleistungen“.
Offiziell soll TISA die mit der sogenannten Doha-Runde festgefahrenen WTO-Verhandlungen um ein Dienstleistungsabkommen GATS vorantreiben. Doch tatsächlich geht es wohl eher darum, eine Alternative zu schaffen: Die „guten Freunde“ streben an, TISA eines Tages in die Welthandelsorganisation zu integrieren. Die große Mehrheit der 155 WTO-Mitglieder dürfte damit allerdings kaum einverstanden sein. Und auch unter den „guten Freunden“ herrscht nicht in allen Punkten Einigkeit: Vor allem die USA und die EU haben – soweit das bisher durchgesickert ist – Vorschläge eingebracht, die für den Rest der WTO-Handelswelt unannehmbar wären.
Parlamentarier wurden nicht über Verhandlungen unterrichtet
Der Kern von TISA ist die grundsätzliche Gleichstellung von auswärtigen Unternehmen mit inländischen Anbietern für Dienstleistungen. Die Gewerkschaften in vielen Ländern sehen darin einen Generalangriff auf die öffentlichen Dienste schlechthin. Im vorigen Oktober unternahmen sie in Genf unter ihrer Dachorganisation Public Services International eine Bestandaufnahme und riefen zu Widerstand auf. Bis dahin hatte TISA kaum öffentliche Aufmerksamkeit erfahren. Die im November neu bestallte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström gelobt denn auch mehr Transparenz.
Erstmals unterrichtet – allerdings nur unvollständig – wurde das EU-Parlaments von ihrem Vorgänger, Handelskommissar Karel De Gucht, im Juli 2014. Dies war bereits mehr als zwei Jahre nach Beginn der Genfer Geheimverhandlungen und erst nachdem die Webseite WikiLeaks ein Paket von TISA-Texten zu Finanzdienstleistungen veröffentlicht hatte. Seitdem hat sich das Parlament allerdings nicht allzu interessiert gezeigt am Fortgang der Verhandlungen. Dem für Handelsfragen zuständigen Abgeordneten der Grünen, Jan-Philipp Albrecht, etwa wurde der Zugang zu den von der Kommission bisher ans Parlament überstellten vertraulichen Akten schlicht verwehrt.
Der Widerstand gegen das Abkommen formiert sich
Laut dem TISA-Entwurf dürfen die Vertragspartner keine neuen Regeln einführen, die den internationalen Handel behindern. Das könnte auch die von elf EU-Mitgliedern geplante Steuer auf Finanzmarktgeschäfte treffen. Der Kommissionsentwurf dazu liegt seit fast einem Jahr im EU-Ministerrat auf Eis, und es ist zweifelhaft, dass die Länder, die die Steuer im Prinzip einführen wollen, in den kommenden zwei Jahren eine Entscheidung dazu treffen. Sollte TISA bis 2017 unter Dach und Fach sein, wie die Kommission das anstrebt, und die Finanzmarktsteuer bis dahin nicht verabschiedet worden sein, hat sie sich erledigt.
Inzwischen formiert sich der Widerstand gegen TISA - vor allem im Netz. Im Januar haben innerhalb einer Woche mehr als 200.000 Menschen eine Avaaz-Petition unterzeichnet, die das Aussetzen der geheimen Verhandlungen fordert. Die Initiatoren warnen vor allem vor einer drohenden Privatisierung des Trinkwassers und der Aushebelung des Datenschutzes.
Neuen Kommentar hinzufügen