Die Zahl unterernährter Menschen schrumpft. Die Welternährungsorganisation FAO schätzt sie auf 842 Millionen weltweit. Aber diese Zahl täuscht darüber hinweg, dass etwa zwei Milliarden Menschen unter so genanntem verstecktem Hunger leiden: dem Mangel an Mikronährstoffen, also lebensnotwendigen Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen. Die möglichen Folgen sind schwere Erkrankungen und ein geschwächtes Immunsystem.
Vor allem in Afrika, Süd- und Zentralasien sei die Ernährung oft einseitig. So essen die Menschen in Teilen Afrikas oft nur Maisbrei. Sie werden dadurch zwar satt, aber es fehlt an lebenswichtigen Vitaminen. Viele können sich Obst und Gemüse sowie hin und wieder Eier, Milch, Fisch und Fleisch nicht leisten – Lebensmittel, die notwendig wären, um den Nährstoffmangel auszugleichen.
Nach Schätzungen der Vereinten Nationen sterben jedes Jahr zwischen 300.000 und 700.000 Kinder unter fünf Jahren an Krankheiten, die zum Beispiel auf den Mangel an Vitamin-A und Zink zurückgehen. Weitere 300.000 Kinder erblinden. Daher empfiehlt etwa das medizinische Wissenschaftsmagazin „Lancet“, gezielt Mütter und Kinder mit Mikronährstoffen zu versorgen.
Wolfgang Jamann, Generalsekretär der Welthungerhilfe, hält die Anreicherung von Grundnahrungsmitteln prinzipiell für einen praktikablen Behelf – jedoch mit Einschränkungen. Sie sollte je nach Bedürfnis der einzelnen Länder gesetzlich reguliert werden. In Sambia etwa werde Mais per Gesetz mit Vitamin A und D angereichert. Auch sei es in Nothilfesituationen und in bestimmten Lebensphasen wie der Schwangerschaft notwendig, angereicherte Lebensmittel zur Verfügung zu stellen. Das allein sei aber keine dauerhafte Lösung. Mangelernährung bleibe Ausdruck des Versagens von Ernährungssystemen.
Der „Goldene Reis“ hat weniger Erträge erbracht
„Durch die Nahrungsmittelanreicherung wird nur an den Symptomen des Hungers herumgedoktert“, kritisiert auch die Vorstandsvorsitzende von terre des hommes, Danuta Sacher. Deshalb warnen die beiden Organisationen in ihrer Studie, die Anreicherung von Lebensmitteln dürften nicht einseitig zulasten von Maßnahmen gegen strukturelle Ursachen von Mangelernährung gefördert werden. Mit Mitteln der Entwicklungszuammenarbeit sollten nicht industrielle Produkte, sondern die Selbstversorgung und die Landwirtschaft in Ländern mit chronischer Mangelernährung gefördert werden. So werde im indischen Kalkutta ein Rezept aus Reis, Weizen und Gemüse getestet, das bei Kindern erfolgreich eine Gewichtszunahme bewirkt habe.
Zudem bezweifeln die Welthungerhilfe und terre des hommes teilweise den Nutzen angereicherter oder technisch veränderter Lebensmittel. So wies Jamann darauf hin, dass der gentechnisch mit Betacarotin angereicherte „Goldene Reis“ gegen Vitamin-A-Mangel bei Feldversuchen niedrigere Erträge als herkömmliche Sorten erbracht habe. Fraglich sei auch, ob mangelernährte Körper das Betacarotin überhaupt wie vorgesehen umwandeln könnten. Auch eine mit Geldern der Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung entwickelte gentechnisch veränderte Banane, die einen erhöhten Vitamin-A-Gehalt aufweist, steht erst kurz vor dem entscheidenden Test.
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