Ziele für eine nachhaltige Entwicklung

Die Offene Arbeitsgruppe (OWG) zur Ausarbeitung von Nachhaltigkeitszielen hat 17 Oberziele mit insgesamt 169 einzelnen Zielvorgaben erarbeitet. Diese sind teils präzise, teils offen.

Anderthalb Jahre haben die Diplomaten in der Offenen Arbeitsgruppe (OWG) über globale Nachhaltigkeitsziele verhandelt. Damit hatte die Weltkonferenz über nachhaltige Entwicklung in Brasilien 2012 die OWG betraut. Sie hat aber nicht nur an Beschlüsse dieses UN-Gipfels und seiner Vorläufer angeknüpft, sondern auch an die Debatte über die Nachfolge der Millenniums-Entwicklungsziele (MDGs). Dazu hatte im Mai 2013 ein hochrangiges UN-Panel Vorschläge gemacht, die die OWG in ihrem Bericht aufgreift. Damit fließen die beiden globalen Verhandlungsprozesse zusammen.

Herausgekommen sind 17 Oberziele (goals) mit insgesamt 169 einzelnen Zielvorgaben (targets). Diese sind teils präzise, teils offen. Das SDG 3 zu Gesundheit etwa hat unter anderem die Zielvorgaben, die weltweite Müttersterblichkeit bis 2030 „auf unter 70 pro tausend Geburten zu senken“, Tod und Krankheit infolge Gift in der Umwelt bis 2030 zu „verringern“ sowie allen eine Gesundheitsversicherung zu geben – dies ohne Angaben einer Frist.

Die ersten sechs SDGs sind erweiterte Fortschreibungen der Millenniums-Entwicklungsziele (MDGs): Extreme Armut soll bis 2030 beseitigt und zusätzlich eine Sozialsicherung aufgebaut werden. Auch Hunger und Mangelernährung sollen bis 2030 enden; hierzu sollen die Produktivität von Kleinbauern umweltverträglich gesteigert werden und Exportsubventionen in der Landwirtschaft fallen. Die Gesundheitsziele sind ambitioniert – etwa die AIDS-, Malaria- und Tuberkulose-Epidemien bis 2030 zu beenden – und umfassen nun auch die Verringerung der Fälle von Wohlstandskrankheiten und Verkehrstoten.

Sauberes Trinkwasser soll bis 2030 für alle verfügbar sein

Ferner soll allen Menschen bis 2030 nicht nur eine Grundbildung, sondern auch eine Sekundarschulbildung sowie eine bezahlbare Berufs- oder Universitätsausbildung zugänglich gemacht werden.

Geschlechterdiskriminierung und die Gewalt gegen Frauen sollen bis 2030 überwunden werden. Auch sauberes Trinkwasser und Sanitäranlagen sollen bis 2030 für alle verfügbar sein. Darüber hinaus sollen Wasser sparsamer verwendet und die Vorkommen besser geschützt werden. Zusätzlich eingeführt wurde das siebte SDG: bis 2030 moderne Energie allen Menschen zugänglich machen – verlässlich und „nachhaltig“. Der Anteil der erneuerbaren Energie am globalen Energiemix soll steigen.

Diese Ziele sind – wie die meisten MDGs – zum großen Teil mit besseren Sozialdiensten erreichbar. Das gilt nicht für die übrigen SDGs. Das achte Ziel ist anhaltendes Wirtschaftswachstum und Vollbeschäftigung bei allmählicher Entkopplung des Wachstums vom Umweltverbrauch. Auch einige ILO-Normen wie die Beseitigung von Kinder- und Zwangsarbeit sind aufgenommen. Das neunte Ziel – die Infrastruktur ausbauen, den Anteil der Industrie am Sozialprodukt erhöhen und Innovation fördern – ist ebenfalls vom Ideal des „grünen Wachstums“ geprägt.

Mit dem zehnten Ziel soll Ungleichheit in und zwischen Staaten vermindert werden. Dazu gehört, bis 2030 dafür zu sorgen, dass das Einkommen der ärmsten zwei Fünftel in jedem Land anhaltend schneller wächst als das des Durchschnitts. Die OWG hat sich hier für ein eher schwaches gesondertes Ziel entschieden. Die Alternative ist eine Querschnittsaufgabe: Man könnte für viele Ziele wie Bildung, Gesundheit und Einkommen festlegen, dass Fortschritte stets überdurchschnittlich den Ärmeren zugute kommen.

Als Querschnittsaufgabe behandelt die OWG die Fähigkeit, Wechselfälle und Katastrophen zu bewältigen: Sie kommt unter anderem im elften SDG vor, der nachhaltigen und inklusiven Urbanisierung. Verbesserungen der Wohnungen und des Verkehrs, Katastrophenschutz und saubere Luft gehören dazu.

Integration von Entwicklungs- und Nachhaltigkeitszielen kaum gelungen

Als zwölftes Ziel nennt die OWG nachhaltige Produktions- und Konsummuster. Viele Vorgaben dazu sind allgemein und interpretierbar wie „nachhaltiges Management der Naturschätze“. Nur wenige sind so konkret, dass ihre Erfüllung geprüft werden könnte – so die Vorgaben, weniger Abfall zu erzeugen, weniger Chemikalien freizusetzen und den Verlust von Nahrungsmitteln nach der Ernte zu halbieren. Ähnlich offen sind viele Vorgaben für die SDGs 14 und 15, die sich mit Meeresschutz und dem Schutz der Ökosysteme an Land befassen. Hier sind eine Reihe sinnvolle Schritte genannt wie die Überfischung, die Entwaldung und den Verlust an Biodiversität bis 2020 zu beenden. Zusammen bleiben sie aber weit hinter den Veränderungen zurück, die nötig sind, wenn man die planetarischen Grenzen ernst nimmt.

Das SDG 16 visiert friedliche und inklusive Gesellschaften und gute Regierungsführung an. Zu den Vorgaben gehören, alle Formen der Gewalt sowie die Korruption zu verringern, allen Menschen Zugang zum Rechtswesen zu geben sowie den illegalen Waffenhandel zu verringern. Welche Schritte wer jeweils ergreifen soll, bleibt weitgehend offen.

Das letzte SDG ist eine globale Partnerschaft für Entwicklung – ähnlich wie schon das letzte MDG, das kaum umgesetzt wurde. Beide sind auch die jeweiligen Oberziele mit den meisten Zielvorgaben; das SDG 17 hat 19. Dazu gehört, dass Industrieländer die Entwicklungshilfe auf 0,7 Prozent des Sozialprodukts anheben und helfen, Steuerbehörden in armen Ländern auszubauen. Der Transfer moderner Technologie soll erleichtert werden, Patente werden jedoch nicht erwähnt. Schuldenprobleme in armen Ländern sollen verhindert werden, es wird aber kein Insolvenzverfahren für Staaten vorgesehen. Weiter soll die Doha-Runde in der Welthandelsorganisation abgeschlossen werden.

Insgesamt ist die Integration der Entwicklungsziele mit den Nachhaltigkeitszielen nur in wenigen SDGs gelungen. Der größere Teil des Berichts macht den Eindruck, als habe man die ökologischen Ziele neben die sozialen und wirtschaftlichen gesetzt und über ihre Wechselwirkung und mögliche Widersprüche nicht groß nachgedacht – oder sich darüber nicht einigen können.

Der Bericht der OWG wird als Vorlage für die UN-Generalversammlung im September 2014 dienen. Danach wollen die Staaten bis September 2015 einen fertigen Text aushandeln. Der OWG-Bericht macht aber schon deutlich: Umfassende SDGs werden viele Vorgaben nur global festlegen; die einzelnen Staaten müssten danach entscheiden, was sie mit Vorrang verwirklichen und wie hoch sie für sich selbst die Latte legen.

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