(16.07.2014) Die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ stellt der Nothilfe in Konflikten ein verheerendes Zeugnis aus – und ist dabei durchaus selbstkritisch. Aber vor allem sieht sie Fehler bei den UN.
Für die humanitäre Hilfe stünden in jüngster Zeit immer mehr Mittel und Personal zur Verfügung. Doch ihre Qualität in Konfliktregionen halte damit nicht Schritt, heißt es in einem neuen Bericht der Organisation. Insbesondere werde zu wenig für die Menschen getan, die die größte Not leiden.
Viele NGOs begnügten sich damit, denen zu helfen, die am leichtesten zu erreichen sind, Risiken für die eigenen Mitarbeiter zu verhindern und ihre Finanzierung abzusichern. In vielen Fällen mangele es an Kompetenzen bei der medizinischen Behandlung, der Betreuung von Opfern sexuellen Missbrauchs sowie bei der Versorgung mit Wasser und sanitären Anlagen, kritisieren die Autoren.
Das UN-System bringt mehr Schaden als Nutzen
Der Bericht analysiert die internationale Reaktion auf Krisen in Nord-Kivu (Kongo), im Südsudan und in Syrien in den Jahren 2011 bis 2013. Millionen Menschen waren dort gezwungen zu fliehen. Er beruht auf Gesprächen mit 116 humanitären Helfern verschiedener NGOs und UN-Organisationen sowie mit Regierungsvertretern und Hilfeempfängern.
Die Hauptverantwortung für die schlechte Qualität der Nothilfe sehen die Autoren bei den Vereinten Nationen: Sie hätten ein System geschaffen, das denen, die Hilfe und Schutz benötigen, mehr schade als nütze. Insbesondere die Finanzierungssysteme seien zu langsam und umständlich für Notsituationen, in denen schnell gehandelt werden muss.
Die dreifache Rolle etwa des Hochkommissariats für Flüchtlinge (UNHCR), zugleich Geld zu geben, Hilfe zu koordinieren und sie selbst zu leisten, verursache Interessenkonflikte, vor allem wenn es darum gehe, Fehler zu erkennen und zu korrigieren.
Die Bedürftigsten werden kaum erreicht
In der Flüchtlingskrise vom November 2011 bis November 2012 in Maban im Südsudan etwa füllte UNHCR laut Bericht alle drei Rollen nur schwach aus. Die Organisation habe das Ausmaß der Krise zu spät erkannt und unzureichend darauf reagiert; sie habe große Schwierigkeiten gehabt, qualifiziertes Personal zu rekrutieren. Zugleich sei es für UNHCR schwierig gewesen, die Probleme gegenüber anderen UN-Organisationen zuzugeben – aus Angst, Geld oder Glaubwürdigkeit zu verlieren.
Auch „Ärzte ohne Grenzen“ müsse sich der Kritik stellen, heißt es in dem Bericht weiter. So sei es den Teams bei der Versorgung syrischer Flüchtlinge in Jordanien leichter gefallen, die Menschen in Lagern zu behandeln als die, die verstreut in Städten leben und mehr Unterstützung gebraucht hätten.
In Nord-Kivu sei ebenfalls wenig Aufmerksamkeit darauf verwendet worden, die Verletztlichsten zu finden. Insgesamt hänge die Qualität der Hilfe stark vom Geschick und vom Reaktionsvermögen derjenigen ab, die vor Ort das Sagen haben. (gka)
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