Westliche Entwicklungsorganisationen haben jahrzehntelang Medikamente und medizinische Geräte an Krankenhäuser im globalen Süden geschickt, damit auch die Ärmsten der Armen behandelt und geheilt werden können. Jetzt setzen sie vermehrt auf nachhaltigere Strategien, helfen mit, die lokale Versorgung aufzubauen und pharmazeutisches Personal aus- und fortzubilden. Lieferungen von Arzneimitteln im Rahmen der Katastrophenhilfe wurden in den vergangenen Jahren stark zurückgefahren.
„Afrika war auf diesen Paradigmenwechsel nicht vorbereitet“, sagt Mirfin Mpundu, der neue Direktor des Ökumenischen Pharmazeutischen Netzwerks (EPN). „In vielen Kliniken fehlen noch immer die nötigsten Medikamente.“ Die Umstellung falle vielen Einrichtungen schwer. „Früher wurden die Medikamente gratis geliefert. Jetzt müssen die Krankenhäuser und Gesundheitsstationen vieles selbst bei Zentralapotheken bestellen und bezahlen. Woher sollen sie das Geld nehmen?“, fragt der EPN-Direktor. Seinem Netzwerk gehören 88 kirchliche Gesundheitsorganisationen und Einzelpersonen aus 33 afrikanischen Ländern an.
Es komme vor, dass Krankenhäuser die Medikamente, die sie selbst beschaffen, mit hohen Zuschlägen belegen. So holten sie die laufenden Kosten für Personal und Infrastruktur herein, berichtete Mpundu. „Das können viele Patienten nicht bezahlen.“ Dringend müssten finanzierbare Lösungen entwickelt werden. „Wir dürfen die Krankenhäuser mit dem Problem nicht allein lassen.“
In Deutschland spüren den Politikwechsel vor allem die Organisationen, die im Auftrag von Hilfswerken bisher Medikamente und Geräte besorgt, verpackt und verschickt haben. Dazu zählt das Deutsche Institut für Ärztliche Mission (Difäm) in Tübingen. „2010 hat uns Brot für die Welt noch 150.000 Euro für den Direktversand zur Verfügung gestellt. In diesem Jahr sind es nur noch 80.000 Euro“, sagt Albert Petersen, Leiter der Difäm-Arzneimittelhilfe. „Seit einigen Jahren arbeiten wir deshalb daran, die pharmazeutischen Strukturen vor Ort zu stärken.“
Darum ging es auch bei einem Runden Tisch, zu dem das Difäm Ende Mai eingeladen hatte. Eine Rückkehr zu den Arzneimittelspenden komme nicht infrage, hieß es übereinstimmend. Auch EPN-Chef Mpundu hält davon nichts. „Das ist eine Strategie, die am Bedarf vor Ort vorbeigegangen ist“, sagt der Pharmakologe. Langfristige Lösungen seien gefragt, um die Gesundheitssysteme in den ärmsten Ländern zu verbessern.
Das EPN pflegt dafür die Netzwerkarbeit. „Über unsere Mitgliedsorganisationen stehen wir in direkter Verbindung zu rund 2000 Krankenhäusern überall in Afrika und setzen uns dafür ein, dass pharmazeutisches Personal aus- und fortgebildet wird“, sagt Mpundu. Damit könne der sichere Umgang mit Medikamenten verbessert werden. Außerdem informierten die acht EPN-Mitarbeitenden von Nairobi aus in einem Newsletter über neue Präparate, alternative Behandlungsmöglichkeiten, aktuelle Therapierichtlinien und darüber, dass günstige und gute Medikamente etwa bei kirchlichen Zentralapotheken eingekauft werden können.
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