(24.06.2014) In seiner letzten Veröffentlichung als UN-Sonderbeauftragter für das Recht auf Nahrung beschäftigt sich Olivier de Schutter mit einem wenig beleuchtenden Aspekt der Ernährungsdebatte: der Wirkung der öffentlichen Beschaffung auf die Nahrungssicherheit.
Staaten und Behörden gäben Milliarden für Kantinenessen in Krankenhäusern oder Schulen aus, schreibt Schutter. Entwicklungsländer investierten zudem große Summen in die Verteilung subventionierter Grundnahrungsmittel, in Indien verschlingt das rund ein Prozent des Bruttosozialprodukts. Viel Geld, mit dem sich statt großer Lebensmittelkonzerne besser lokale Kleinbauern fördern ließen, argumentiert Schutter. Eine garantierte Abnahme durch die öffentliche Hand könne den Farmern zu einem sicheren Einkommen verhelfen und ihnen den Marktzugang erleichtern. Mehr noch: Indem vor allem lokale Bauern unterstütz werden, die einen umweltschonenden Anbau betreiben, könnten Staaten Impulse für den Wandel hin zu einer nachhaltige Landwirtschaft setzen.
Brasilien versorgt Schulkantinen mit lokalen Erzeugnissen
Die damit verbundenen höheren Einkaufspreise sind für Schutter kein Hindernis: Die Stärkung lokaler Produzenten verbessere die Infrastruktur und ermögliche Einsparungen bei Transport- und Lagerkosten. Eine solche Dezentralisierung sei gerade bei großen Sozialprogrammen wie dem Verteilungssystem in Indien nötig. Davon abgesehen sollte die Beschaffung von Lebensmitteln nicht als Kostenfaktor, sondern als Investition in Arbeitsplätze und eine landwirtschaftliche Entwicklung wahrgenommen werden.
Dass sich ländliche Armut durch eine menschenrechtssensible Einkaufspolitik mindern lasse, zeige ein Blick nach Brasilien. Dort regelt seit 2009 ein Gesetz, dass ein Drittel der Ausgaben für die Kantinenversorgung von fast 50 Millionen Schulkinder an lokale Familienfarmen sowie indigene Gemeinschaften und andere Minderheiten gehen muss. Schutter fordert nicht nur von Staaten und Behörden ein Umdenken bei der öffentlichen Beschaffung. Auch internationale Hilfsorganisationen wie das World Food Programme sollten ihre Einkaufsmacht stärker politisch einsetzen. (sdr)
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