Bedrohliche Lücke

Unter den Staaten besteht Einigkeit, dass die Erderwärmung unter zwei Grad gehalten werden soll. Das UN-Umweltprogramm hat nun erneut gemahnt, dass die geplanten Klimaschutzmaßnahmen dafür nicht ausreichen und schon bis zum Jahr 2020 mehr Treibhausgase eingespart werden müssen.

(11.11.2013) Auf dem Klimagipfel in Kopenhagen haben die Staaten Ende 2009 beschlossen, sich selbst Klimaschutzziele zu setzen und sie den Vereinten Nationen zu melden. Seitdem berechnet das UN-Umweltprogramm (UNEP) jedes Jahr die Lücke zwischen den Treibhausgas-Minderungen, die sich aus der Summe dieser nationalen Ziele ergeben, und dem, was zum Erreichen des Zwei-Grad-Ziels nötig wäre. Das UNEP nennt das die „Emissionslücke“, obwohl es sich eigentlich um einen Überschuss handelt. Nach dem jüngsten, pünktlich zum Warschauer Klimagipfel vorgestellten Bericht wird er im Jahr 2020 zwischen acht und zwölf Gigatonnen Kohlendioxid-Äquivalent liegen. Die Schätzung liegt praktisch genauso hoch wie ein Jahr zuvor.

Um zu verstehen, was sie besagt, muss man sich klarmachen, wie sie zustande kommt. Das Ausmaß der Erderwärmung hängt laut der Klimaforschung weitgehend davon ab, wie viel Treibhausgase die Atmosphäre enthält. Da die wichtigsten Treibhausgase – insbesondere Kohlendioxid – sich in der Luft anreichern, muss man den gesamten künftigen Ausstoß begrenzen, wenn man die Erderwärmung dämpfen will. Nur so erreicht man, dass die Konzentration dieser Gase langfristig nicht kritische Schwellen überschreitet. Das UNEP wählt den Schwellenwert, bis zu dem nach Aussagen des Weltklimarates IPCC die Zwei-Grad-Grenze mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens zwei Drittel eingehalten wird (welche Konzentration zu welcher Erwärmung führt, ist ja nicht sicher zu sagen).

Je länger gezögert wird, desto teurer wird der Umbau

Das dann vertretbare Budget an Emissionen kann man verschieden zeitlich verteilen: Man kann die Gesamtmenge begrenzen, indem man den Ausstoß sofort verringert oder indem man erst später, dafür aber umso drastischer einspart. Ein schneller Umbau der Ökonomie ist mit wesentlich mehr Kosten verbunden als ein langsamer. Das UNEP geht von einem Modell aus, bei dem der Umbau zu einer praktisch emissionsfreien Wirtschaft zu den geringsten Kosten erreichbar ist. Das setzt aber voraus, dass schon bis zum Jahr 2020 die jährlichen Emissionen auf 44 Gigatonnen gesenkt werden – deutlich unter den heutigen Wert. So ergibt sich die Emissionslücke.

Sie muss und kann laut UNEP noch geschlossen werden. Dazu müssten die Staaten erstens Schlupflöcher bei bestehenden Grenzwerten schließen, zweitens ihre an Bedingungen geknüpften Ziele einhalten (zum Beispiel müsste die EU ihre Emissionen bis 2020 um 30 Prozent vermindern) und drittens sehr bald noch weitergehende Zusagen machen. Viertens müssten internationale Initiativen ergriffen werden, um kurzlebige Treibhausgase wie Methan zu verringern, die erneuerbaren Energien auszubauen und Subventionen für fossile Brennstoffe abzubauen.

Sollte all das weiter verzögert werden, dann wird es nicht nur teurer, das Zwei-Grad-Ziel einzuhalten. Sondern es könnte, so der UNEP-Bericht, praktisch unmöglich werden. Denn dann wären Emissionsminderungen in einem unrealistisch hohen Tempo nötig. Und es wären noch mehr Kapital in fossilen Energien angelegt und der Widerstand gegen ein Umsteuern noch größer.

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