Schweizer Banken wetten mit Essen

Mit Milliarden von Franken sind zahlreiche Schweizer Banken und Anleger an der Spekulation mit Nahrungsmitteln beteiligt. Die kirchlichen Hilfswerke Brot für alle und Fastenopfer fordern ein Ende der Finanzgeschäfte – und nehmen dabei auch die Verbraucher in die Pflicht.

Laut Recherchen von Brot für alle und Fastenopfer haben Schweizer Banken rund 3,6 Milliarden Franken (knapp 3 Milliarden Euro) in Derivate auf landwirtschaftliche Produkte angelegt – mehr als 1,1 Milliarden Franken davon in Grundnahrungsmittel wie Mais, Weizen und Reis. Mit Abstand größter Anleger unter den analysierten Banken ist die Credit Suisse mit 2,4 Milliarden Franken, gefolgt von der UBS und der Bank Sarasin mit jeweils rund 340 Millionen Franken.

Untersucht wurden die Investmentfonds mit Rohstoff-Anteilen von vierzehn Schweizer Finanzinstituten. Die Zahlen stützen sich auf die Angaben der sogenannten Fact Sheets (zwischen März und Juli 2013) der jeweiligen Finanzprodukte sowie auf die Jahresberichte der Banken.

In der Kritik stehen vor allem Indexfonds

Julius Bär, Vontobel, Pictet, Lombard Odier und Sarasin – fünf Banken, die sich einzig an vermögende Privatkunden richten – bieten hausgemachte Fonds an, die Agrarrohstoffe beinhalten, wie Brot für alle und Fastenopfer in ihrem Bericht festhalten. Auch die untersuchten Schweizer Kantonalbanken, die Zürcher und die Waadtländer Kantonalbank sowie Swisscanto, machen bei der Nahrungsmittelspekulation mit. Nicht dabei sind die Banken Raiffeisen, Coop, Migros und die Postfinance. Die 3,6 Milliarden Franken seien nur die Spitze des Eisbergs, schreiben Brot für Alle und Fastenopfer, weil die Summe zum Beispiel direkte Investitionen der Banken nicht berücksichtige.

Die Hilfswerke kritisieren, die Spekulationen mit Weizen, Reis, Zucker, Soja oder Mais führe zu einer Verknappung der Lebensmittel und verstärke damit den Hunger in Entwicklungsländern. In der Kritik stehen vor allem Indexfonds, die auf den Anstieg der Nahrungsmittel spekulieren sowie die Beteiligung von Hedgefonds am Terminhandel mit Agrarrohstoffen. Inwiefern diese Geschäfte das Hungerproblems tatsächlich verschärfen, ist unter Fachleuten umstritten.

Brot für alle und Fastenopfer fordern eine internationale Regulierung des Wettgeschäfts mit Nahrungsmitteln. Der Anteil spekulativer Geschäfte am Terminhandel solle beschränkt und eine Aufsichtsbehörde geschaffen werden. Zudem wollen die Hilfswerke mit ihrer Herbstkampagne „Mit Essen spielt man nicht“ die Verbraucher dazu bewegen, bei ihren Banken und Pensionskassen nachzufragen, was mit ihren Ersparnissen geschieht.

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Nicht nur Banken und Hedgefonds hätten gern höhere Preise, sofern sie "long" gehen. Auch der Bauer in Afrika, der Farmer in USA und der Getreidegroßhandel möchte gern mehr erlösen als bei der vorherigen Ernte. Denn meist sind innerhalb der Wachstumsperiode die Produktionskosten gestiegen. Die Marktpreise für Getreide werden von Angebot und Nachfrage bestimmt. Keine Bank, kein Hedgefonds, kein Großhändler und kein Spekulant könnte auf Dauer den Preis für eine Ware hoch halten, ohne diese Ware auch zu besitzen. Eine Verteuerung von Mais tritt ein, wenn Mais am Markt fehlt. Dazu müsste ihn jemand gekauft und anschließend dem Markt entzogen haben. Tatsächlich wurde Mais schon dem Markt entzogen, als man in den USA begann, das Lebensmittel Mais in Treibstoff umzuwandeln. Dadurch verdoppelte sich der Preis innerhalb kürzester Zeit. Das hatte aber gleich Auswirkungen auf die Anbaumenge, die sich entsprechend vergrößerte. Und wie bitte sollte jemand Millionen Tonnen Getreide dem Markt vorenthalten? Zurecht ist die Vorstellung umstritten, der Handel mit Derivaten oder die Preise der Warenterminbörsen würden den Preis des realen Gutes bestimmen. In Wirklichkeit kaufen "Spekulanten" den Farmern die Ernte schon ab, bevor sie eingebracht ist. Dabei gehen sie das Risiko ein, dass sich ihr Produkt am Markt verbilligt hat. Spekulanten können sich durchaus auch "entreichern", was bei Dervaten an der Tagesordnung ist. Dabei hat der Spekulant kein Gramm Getreide erworben, sondern er wettete auf eine festgelegte Preisentwicklung. Verlässt der Preis die erwartete "Range", muss er nachschießen also Geld hinlegen, oder er hat die Wette verloren. Selbst an den Terminbörsen, wo jedermann das Recht auf Lieferung einer größeren Menge ware zu einem bestimmten Zeitpunkt erwerben kann, besteht kein Zusammenhang zwischen den Terminpreisen und den Marktpreisen. Vor Auslaufen des Kontrakts verkauft der Anleger das Recht zum Bezug an jemanden, der die Ware wirklich braucht, möglicherweise mit Verlust. Der Erwerber hat dann den Vorteil, dass er erst im letzten Moment Geld locker machen muss, das zuvor woanders gearbeitet hat. Dies Abläufe gibt es mindestens seit dem Mittelalter, neu ist lediglich der wachsende Umfang und der Wert der Transaktionen. Beim Getreide geht es inzwischen um Mrd. Tonnen Jahresproduktion. Für welt-sichten wäre eine ernsthafte Abhandlung der Problematik in einem Gespräch unter Befürwortern und Gegnern der momentanen Preisfindung sicher ein Gewinn

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Lieber Herr Lohmann,

danke für Ihren Kommentar! Wir haben schon einmal von einer Expertin und früheren Spekulantin die komplizierten Vorgänge erklären lassen, hier: http://www.welt-sichten.org/artikel/13705/indexfonds-haben-keinerlei-sozialen-nutzen

Danach haben Sie teilweise recht - dass Spekulation der Hauptgrund für Preisbewegungen wäre, behauptet ja auch niemand. Sie hat aber nach Meinung führender Fachleute (z.B. Joachim von Braun) einen Einfluss, und es hat sich auf jeden Fall wesentlich mehr verändert als nur der Umfang der Termingeschäfte.

Beste Grüße, Bernd Ludermann

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erschienen in Ausgabe 10 / 2013: Landrechte: Auf unsicherem Boden
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