Der „Bananenkrieg“ verlagert sich nach Europa

Jahrzehntelang haben die USA und die mit ihr verbündeten Bananenexporteure gegen die hohen EU-Zölle und die Handelsvorteile der Produzenten in den früheren europäischen Kolonien (AKP-Länder) protestiert.

Seit einem Jahr gilt nun ein einheitlicher Zollsatz, doch jetzt streiten sich die Europäische Kommission, das EU-Parlament und der Ministerrat um die Ausgleichshilfen für die bislang bevorzugten AKP-Länder. Eine Mehrheit der EU-Parlamentarier aus allen Fraktionen war sich in der Haushaltsdebatte im Oktober einig: Die von der EU-Kommission erdachten Hilfsmaßnahmen für Bananenproduzenten in den mit der EU assoziierten Ländern Afrikas, der Karibik und im Pazifik (AKP) taugen nichts. Zudem verstoßen die vorgesehenen 190 Millionen Euro nach Ansicht des Parlaments gegen EU-Haushaltsrecht. Damit zeichnet sich ein Streit ab, der nicht nur den ohnehin kontroversen Haushalt 2012, sondern darüber hinaus die Beratungen für den Budgetrahmen nach 2012 betreffen könnte. Denn der EU-Ministerrat will die vom Parlament geforderten Änderungen nicht annehmen, die Kommission wiederum will keine neue Vorlage für die Hilfe einbringen.

Autor

Heimo Claasen

ist freier Journalist in Brüssel und ständiger Mitarbeiter von "welt-sichten".

Dabei schien der dreißigjährige„Bananenkrieg“ zwischen Brüssel einerseits, den USA sowie den großen Bananenproduzenten Lateinamerikas andererseits mit dem Urteilsspruch der Welthandelsorganisation (WTO) vom November 2009 endlich beendet. Washington und seine Verbündeten in Mittel- und Südamerika hatten sich jahrzehntelang gegen die hohen EU-Zölle auf ihre Exporte und die Bevorzugung der Bananen aus den AKP-Ländern gewehrt. Die WTO gab ihnen Recht, und die EU senkte ihren Zollsatz für Bananen im Januar 2010 einheitlich auf 148 Euro pro Tonne. Bis 2017 soll er um weitere 34 Euro vermindert werden.

In der Vorlage der Kommission kommen Kleinbauern kaum vor

Den bislang bevorzugten Bananenexporteuren der AKP-Länder, die infolge des WTO-Urteils arge Einbußen befürchteten, versprach die EU Hilfe zur Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit oder zur Umstellung auf andere Produkte. Ende März dieses Jahres informierte die Kommission den Ministerrat und das Parlament über ihren Plan für Hilfsmaßnahmen. Doch zum Missfallen des Parlaments war darin kaum noch von einer Stärkung der kleinbäuerlichen Betriebe in den betroffenen Ländern die Rede, sondern vor allem von der Notwendigkeit, auf andere Produkte als Bananen umzusteigen. Die Kleinbauern würden verdrängt, kritisierten die Parlamentarier, mit der Folge, dass die Armut zunehmen würde. Zudem wollte die Kommission zur Finanzierung des größten Teils der Hilfe für die AKP-Länder Mittel aus anderen, gesetzlich festgelegten Posten der Entwicklungszusammenarbeit umwidmen sowie sämtliche „Flexibilitätsreserven“ dieses Bereichs im EU-Haushalt dafür verwenden. Das brachte auch die Haushälter im Parlament in Rage: Sie werfen der Kommission vor, sie habe den seit dem ersten WTO-Kompromiss 2006 absehbaren Bedarf an Finanzhilfen für die AKP-Länder ignoriert, statt dafür bereits im Haushaltsplan für die Jahre 2007 bis 2013 Vorsorge zu treffen.

Als auch noch herauskam, dass die Außenhändler der Kommission in der Zwischenzeit in den Freihandelsverträgen mit Peru und Kolumbien sowie mit den zentralamerikanischen Ländern verminderte Zölle zugesagt hatten, war für die Parlamentarier das Maß voll. Von den dort versprochenen Zollsenkungen auf 75 Dollar pro Tonne würden diese Länder enorm profitieren. Das Parlament fürchtet aber, dass das die AKP-Länder zusätzlich in Bedrängnis bringt – und den Bedarf an Hilfe aus der EU weiter erhöht.

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erschienen in Ausgabe 12 / 2010: Staatsaufbau - Alles nur Fassade?
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