Edith Adembasa steht auf ihrem Feld und schält einen Maiskolben aus einer Staude. Er misst gut 30 Zentimeter, die weißen Körner sind prall und sauber und glänzen in der Sonne. Es ist Erntezeit in Matunda, rund 300 Kilometer nordwestlich der kenianischen Hauptstadt Nairobi. Die Maisstauden stehen zum Trocknen in Bündeln auf dem Feld verteilt. Dieses Mal wird Edith Adembasa nicht an die Zwischenhändler verkaufen und sich übers Ohr hauen lassen. Ihr Mais geht an das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP), zusammen mit der übrigen Ernte der Kooperative, deren Vorsitzende die 57-Jährige ist. Das WFP hat die 120 Bäuerinnen und 20 Bauern darin geschult, wie sie den Mais trocknen, säubern und lagern müssen, um internationale Qualitätsstandards zu erfüllen. Experten haben ihnen gezeigt, wie sie mit Dünger und gutem Saatgut ihre Erträge steigern können. „Wir wissen jetzt, wie wir uns am Markt behaupten können“, sagt Edith Adembasa.
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Derlei Beratung und Training sowie Hilfe beim Marktzugang für Bauern gibt es in der internationalen Entwicklungshilfe schon lange. Für das Welternährungsprogramm hingegen ist es neu. Normalerweise denkt man bei dieser UN-Organisation an Lastwagenladungen voll Getreide, die in Dürre- oder Katastrophengebieten an Hungernde ausgegeben werden. Diese gängige Form von Nahrungsmittelhilfe rettet in vielen Notsituationen Leben und ist oft ohne Alternative. Doch zugleich ist sie auch schon immer umstritten gewesen. Mit neuen Ansätzen wie der Hilfe für die Bauernkooperative von Edith Adembasa reagiert das WFP auf die Kritik an der traditionellen Nahrungsmittelhilfe. Und nebenbei erfindet es sich auf diese Weise neu als Entwicklungsorganisation, die mehr kann, als Hungernde zu füttern.
Das Welternährungsprogramm ist ein Kind des Überflusses. In den 1960er Jahren wurde es auf Initiative der USA geschaffen, um zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: notleidende Menschen in aller Welt mit Nahrungsmitteln zu versorgen und die Getreideüberschüsse der reichen Länder loszuwerden. Gegen diese Form der Hilfe wird seit je eingewendet, sie schädige lokale Märkte, weil einheimische Bauern auf ihrer Ernte sitzen bleiben.
Es ist umstritten, wie stark Nahrungsmittelhilfe lokale Märkte tatsächlich beeinflusst. Nicht umstritten ist hingegen, dass sich die Bedürftigen oft an die Hilfe gewöhnen und sie ihre Fähigkeiten zur Selbsthilfe schwächt. Das gilt vor allem für Länder wie Äthiopien, die über einen langen Zeitraum jedes Jahr große Mengen Nahrungsmittel erhalten. Im Oktober hieß es – etwas pathetisch – in einem Kommentar einer kenianischen Wochenzeitung: „Für einen afrikanischen Mann bedeuten Lebensmittelgeschenke die endgültige Kastration.“
Doch seit Mitte der 1990er Jahre wandelt sich das Geschäftsmodell des WFP. Seitdem erhält das Programm von den Geberländern neben Lebensmitteln zunehmend Geld. Dadurch kann es flexibler auf unterschiedliche Notsituationen reagieren. Zudem kann es die benötigten Nahrungsmittel selbst kaufen – das macht die Hilfe effizienter.
Die meisten Nahrungsmittel kauft das WFP inzwischen selbst
Untersuchungen haben gezeigt, dass es meistens günstiger ist, Überschüsse in von Hunger betroffenen Regionen zu kaufen, statt sie von Nordamerika, Australien oder neuerdings auch Brasilien und Russland um den halben Globus nach Afrika zu verschiffen. In Uganda kauft das WFP zum Beispiel Hilfsgüter für seine Operationen im Sudan, in Nordkenia und Somalia. Seit 1990 haben sich seine gesamten Einkäufe von weniger als 500.000 Tonnen versechsfacht. 2009 hat das Programm 2 Millionen Tonnen Nahrungsmittel von den Gebern bekommen und zusätzlich 2,8 Millionen Tonnen selbst eingekauft, vor allem Weizen, Mais und Reis. Gut drei Viertel davon kommen aus Entwicklungsländern.
Lokale Einkäufe sollen mögliche schädliche Wirkungen von Nahrungsmittelhilfe auf lokale und regionale Märkte reduzieren. Allerdings konnten Kleinbauern, die Überschüsse verkaufen können, bislang kaum davon profitieren: Meistens können sie weder die erforderlichen Mengen noch die vom WFP verlangte Qualität liefern. 2008 hat das Programm deshalb ein neues Pilotprojekt gestartet: Purchase for Progress (P4P) – Einkauf für den Fortschritt. In 21 Ländern, darunter Kenia und Uganda, werden Kleinbauern wie Edith Adembasa dabei unterstützt, ihre Erträge zu steigern und die Qualität ihrer Produkte zu verbessern. Das WFP kauft ihnen die Ernte zu Marktpreisen ab, wobei für die P4P-Bauern weniger strenge Bedingungen gelten als für andere Händler, die sich um WFP-Aufträge bewerben. Das UN-Programm baut sich so neue Zulieferer auf – in Kenia zum Beispiel sollen mittelfristig zehn Prozent der im Land eingekauften Nahrungsmittel von Kleinbauern kommen, die bei P4P mitmachen.
Langfristig soll das Projekt die Kleinbauern an regionale und internationale Märkte heranführen und sie von Zwischenhändlern unabhängiger machen. An die hatten vor dem Training vom WFP auch Edith Adembasa und ihre Kollegen und Kolleginnen verkauft, weil sie keine Transportmöglichkeiten und damit keinen Zugang zum regionalen Markt haben. Zwischenhändler kommen mit Lastwagen und fahren den Mais nach Nairobi, wo sie ihn an Müller weiterverkaufen. Der Preis, den sie den Bauern zahlen, sei niedrig – nur ungefähr die Hälfte des Marktpreises, sagt Edith Adembasa.
Das liegt zum einen daran, dass sie als Monopolisten den Preis bestimmen können. Zum anderen aber kaufen sie den Mais unmittelbar nach der Ernte. Das ist einerseits zwar gut für die Bauern, weil sie sofort Geld bekommen. Andererseits drückt das den Preis, weil die Maiskörner zu diesem Zeitpunkt noch zu feucht sind: Nach internationalen Standards, die auch das WFP verlangt, muss der Feuchtigkeitsgehalt unter 14 Prozent liegen, bevor der Mais in Säcke verpackt wird. Nach der Ernte liegt er in der Regel deutlich darüber mit der Folge, dass das Korn schneller fault.
Das Risiko ist, dass die Bauern sich ganz auf das WFP verlassen
Seit ihrem Training weiß Edith Adembasa, wie sie ihren Mais richtig trocknet, säubert, vor Pilzbefall schützt und so lagert, dass möglichst wenig von der Ernte verlorengeht. Im vergangenen Jahr hat ihre Kooperative erstmals 400 Säcke à 90 Kilogramm an das WFP verkauft. Eigentlich seien 800 Säcke vereinbart gewesen, aber die Kooperative habe nicht liefern können, erzählt Adembasa. Als das WFP das erste Mal gekommen sei, um die Ernte zu holen, sei der Mais noch zu feucht gewesen. Die Frauen wurden auf später vertröstet, etliche sprangen ab und verkauften ihre Ernte anderweitig, weil sie nicht länger auf ihr Geld warten wollten. Edith Adembasa ist aber zuversichtlich, dass beim nächsten Geschäft mit dem WFP wieder alle dabei sind. „Und mit dem Geld, das wir dann verdienen, kaufen wir uns einen Lastwagen, so dass wir die regionalen Märkte selbst bedienen können.“ Genau das ist das Ziel von P4P.
Allerdings enthält das Projekt auch ein Risiko: dass die Bauern sich auf das Welternährungsprogramm als zahlungskräftigen Abnehmer ihrer Ernte verlassen und andere Käufer vernachlässigen. Zum Beispiel die Bauern in Kapchorwa im Osten von Uganda. Auch sie bauen auf das WFP; dabei hätten sie das gar nicht nötig. Der Distrikt Kapchorwa liegt auf 2000 Meter Höhe am Fuße des über 4000 Meter hohen Mount Elgon nahe der Grenze zu Kenia. Die Gegend gilt als die Kornkammer Ugandas: Die Hügel strotzen vor Grün, es regnet viel, kleine Flüsse durchziehen die Landschaft, in der saftigen rotbraunen Erde gedeihen Mais und Weizen, Gerste, Gemüse und Kaffee. Den Bauern hier geht es nicht schlecht, viele verdienen gut; ihre stattlichen Steinhäuser zeugen davon.
Mit dazu beigetragen hat der örtliche Bauernverband, die Kapchorwa Commercial Farmers’ Association (KACOFA), die zur Zeit 6000 Mitglieder hat. Direktor David Kissa zeigt nicht ohne Stolz auf die Trophäe, die auf seinem Schreibtisch steht: ein Preis der EU-Kommission für vorbildliches wirtschaftliches Engagement. KACOFA versorgt seine Mitglieder mit Saatgut und Dünger und erhält im Gegenzug die Ernte. Der Verband verkauft an regionale Händler, aber auch nach Kenia und Sudan. Ein wichtiger Abnehmer sind die Brauereien in der ugandischen Hauptstadt Kampala, die die gesamte Gerste-Ernte kaufen. Auch an das WFP hat KACOFA schon geliefert, noch ganz ohne die Vorzugsbedingungen, wie sie Kleinbauern im Rahmen von P4P gewährt wird. „Wir haben einen guten Zugang zum Markt, weil wir professionell sind“, sagt David Kissa. Für die Bauern lohnt sich das: Sie berichten von deutlichen Ertragssteigerungen und höheren Einkommen, seit sie bei KACOFA sind.
Von P4P verspricht sich der Verband einen zusätzlichen Schub. Derzeit baut KACOFA mit Geld vom WFP eine zentrale Lagerhalle mit einem Fassungsvermögen von 2000 Tonnen. Das ist mehr als doppelt so viel, wie die bisherigen Lager fassen können. Die neue Halle soll im März 2011 fertig sein und mit Maschinen zur Reinigung und Trocknung der Ernte ausgestattet werden. „Wir können dann 100 Tonnen am Tag trocknen“, sagt David Kissa. „Nach dem traditionellen Verfahren in der Sonne kann das bis zu sechs Monate dauern.“ Ohne die finanzielle Unterstützung des WFP könnte sich KACOFA das alles nicht leisten.
Doch der Verband setzt auf das WFP auch als Abnehmer, obwohl er schon heute gut im Markt integriert ist. In vergangenen Jahren hat KACOFA bis zu 8 Prozent der Ernte an die UN-Organisation verkauft, laut David Kissa soll der Anteil mit Hilfe von P4P mindestens vervierfacht werden. In Kapchorwa geht es also nicht so sehr um Marktzugang; vielmehr versprechen die Bauern sich vom WFP stabile Einkünfte. „Bisher haben wir nur für Gerste einen garantierten Markt, die Brauereien. Mit P4P gilt das künftig auch für Mais, Sorghum und Weizen“, sagt Kissa.
Daraus kann auch eine Abhängigkeit entstehen – eine Gefahr, die im Fall der Bauern von KACOFA eher klein sein mag: Im vergangenen Jahr etwa habe der Verband nicht wie geplant an das WFP verkauft, weil ein anderer Händler mehr geboten habe, sagt David Kissa. Aber andere Bauern, die bei P4P mitmachen, sind nicht so gut an den Markt angebunden und überleben nur mit Hilfe des WFP. Zum Beispiel in Jinja, einer Stadt gut drei Autostunden südlich von Kapchorwa am Ufer des Viktoriasees. Dort betreibt die Firma Agroways Ltd. ein Lagerhaus, in dem die Bauern der Gegend ihre Ernte deponieren können. Das Getreide wird gegen eine Gebühr gesäubert, getrocknet, verpackt und sicher gelagert. Die Bauern bekommen einen Beleg über die Qualität und die Menge der gelieferten Ernte. Damit können sie sich auf die Suche nach einem Käufer machen. Zudem erhalten sie gegen Vorlage des Belegs bei jeder Bank einen Kredit in Höhe von 60 Prozent des aktuellen Marktwerts ihrer Ernte. Der Vorteil dieses Verfahrens ist, dass die Bauern mit dem Verkauf ihres Getreides warten können, bis der Preis gut ist.
Seit 2008 ist das Welternährungsprogramm mit einem Anteil von 60 Prozent der wichtigste Käufer des bei Agroways gelagerten Getreides. „Wenn das WFP unsere Ernte nicht kaufen würde, wäre das eine Katastrophe“, sagt der Leiter einer kleinen Kooperative mit 85 Mitgliedern. Er glaubt nicht, dass er ohne das WFP einen ähnlich guten Preis bekäme. Ist das ein Einwand gegen P4P? Nein, findet Stanley Samkange, der WFP-Landesdirektor für Uganda: „Was spricht dagegen, dass die Bauern auf uns setzen? Wir sind ein ganz normaler Marktteilnehmer. Wenn wir nicht hier einkaufen würden, dann eben woanders, in Kanada zum Beispiel.“
Aber ganz so einfach ist es nicht. Vielen Bauern verschafft das WFP mit Purchase for Progress Zugang zu bisher versperrten Märkten. Anderen hingegen bietet es einfach einen besseren Preis für ihre Ernte, den sie ohne das Projekt wohl nie erzielen würden. Für diese nicht konkurrenzfähigen Bauern ist der Verkauf über P4P letztlich eine Art Lebensader – die aber irgendwann vielleicht wieder gekappt wird. „P4P wird es wahrscheinlich nicht ewig geben. An wen verkaufen die Bauern, wenn das Projekt endet?“, fragt die Entwicklungsökonomin Jenny Aker von der US-amerikanischen Tufts University in einer Studie, die sie im Dezember 2008 kurz nach dem Start des Projekts vorgelegt hat.
Am Ende des Besuchs beim Bauernverband in Kapchorwa lobt Direktor David Kissa das Welternährungsprogramm: Es habe die alte Nahrungsmittelhilfe mit der Unterstützung von Kleinbauern im Rahmen von P4P sinnvoll erweitert. „Es ist gut, dass das WFP jetzt nicht mehr nur kommt, wenn es bereits brennt, sondern auch etwas tut, um Feuer vorzubeugen.“ Das ist einerseits richtig. Andererseits muss das WFP aufpassen, dass es der alten Abhängigkeit von Lebensmittelrationen nicht noch eine neue von vorbeugenden Hilfsmaßnahmen hinzufügt.
Kenia: Kein Rezept gegen den Hunger
Kenia hat in den vergangenen zwanzig Jahren kaum Fortschritte im Kampf gegen den Hunger gemacht. Der Anteil unterernährter Menschen an der Gesamtbevölkerung liegt nach Angaben der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) seit 1990 nahezu unverändert bei rund einem Drittel. Derzeit haben laut FAO mehr als zehn Millionen Kenianer nicht genug zu essen; die meisten davon leben in den ariden und semiariden Regionen im Norden und im Nordosten des Landes. Die Produktivität der kenianischen Landwirtschaft stagniert bei wachsender Bevölkerung. Zudem wird das Land seit einigen Jahren häufiger von Dürren heimgesucht als früher. Nur knapp zwei Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche sind bewässert.
Die Folge: Kenia wird immer abhängiger von Nahrungsmittelhilfe. Seit 2002 geht die Kurve der Lieferungen des Welternährungsprogramms (WFP) stetig nach oben. Im vergangenen Jahr lag das Land auf der Liste der Empfängerländer auf dem fünften Rang; nur Äthiopien, Somalia, Sudan und Nordkorea erhielten mehr Lebensmittel. Burkard Oberle, der WFP-Landesdirektor in Kenia, bestätigt den Trend: Bis 2006 habe das Land nur bei Dürrekatastrophen Nothilfe bekommen. Erst in den vergangenen Jahren seien wegen der chronischen Knappheit regelmäßige Lieferungen hinzugekommen.
Die Regierung gibt sich selbstkritisch: „Wir haben bislang noch nicht viel zur Vorbeugung von Hunger und Ernährungsunsicherheit unternommen“, sagt James Oduor, der im Büro des Premierministers für die Landwirtschaft in den Trockengebieten zuständig ist. Im vergangenen Jahr hat die Regierung in Nairobi Dünger und Saatgut subventioniert, die Förderung aber bereits wieder eingestellt. „Auf Dauer ist das zu teuer“,sagt Oduor, „und außerdem ist die Weltbank dagegen.“ Oduor ist ohnehin skeptisch, dass sich sein Land aus eigener Kraft ernähren kann: „Unsere Bauern haben gegen die Konkurrenz in Ländern wie Ruanda, Uganda und Tansania keine Chance. Unsere Zukunft sind Exportpflanzen wie Kaffee, Tee und Blumen. Die sollten wir verkaufen und mit dem Geld Lebensmittel importieren.“
Ruth Oniang’o sieht das völlig anders: „Von welcher Zukunft spricht der Mann? Langfristig mag es ja zu einer Konzentration in der kenianischen Landwirtschaft kommen. Aber in absehbarer Zeit geht es nicht ohne Kleinbauern, die Lebensmittel produzieren.“ Die Bauern bräuchten mehr Anreize, sagt die frühere Parlamentsabgeordnete und Agrarwissenschaftlerin, die in Kenia und den USA lehrt. Es fehlten außerdem Lagerplätze für die Ernte sowie Straßen, um zu Märkten zu gelangen. Zurzeit verlieren die kenianischen Bauern wegen unsachgemäßer Lagerung in jeder Saison durchschnittlich bis zu einem Drittel ihrer Ernte.
Die meisten Maisbauern in den höher gelegenen Regionen im Westen des Landes, die Überschüsse produzieren, verwenden Hybridsaatgut, das hohe Erträge verspricht. Laut Ruth Oniang’o sind das aber nur zehn Prozent. Die überwiegende Mehrheit der Bauern, vor allem im trockenen Tiefland, baut traditionelle Sorten an. Wäre ihnen mit besserem Saatgut geholfen? Beim kenianischen Agrarforschungsinstitut KARI ist man davon überzeugt. In den Labors im Westen von Nairobi arbeiten 40 Forscher an Pflanzen, die bessere Erträge bringen und mit wenig Wasser auskommen sollen oder mit Vitaminen angereichert sind.
Dabei setzt das Institut auch auf Gentechnik: Im hermetisch abgeriegelten Gewächshaus wird zurzeit eine trockenheitsresistente Sorghum-Sorte getestet, finanziert unter anderem von der Bill and Melinda Gates-Stiftung. Die Züchter haben eine genetisch veränderte Sorte des US-Saatgutherstellers Pioneer mit einer lokalen Sorte gekreuzt. John Sitieney, der für das Projekt zuständig ist, blickt zufrieden auf die rund zwei Meter hohen Pflanzen: „Das ist jetzt die dritte Generation, und das veränderte Gen ist immer noch stabil. Demnächst starten wir die Feldversuche.“
Auf den KARI-Versuchsfeldern außerhalb von Nairobi wachsen bereits zwei genveränderte Sorten Mais, die besonders widerstandsfähig gegen Trockenheit und Schädlinge sein sollen. Doch noch ist nicht absehbar, wann Bauern in Kenia genveränderte Pflanzen anbauen werden. Das dazu erforderliche Gesetz über Biosicherheit ist zwar fertig, die Regierung zögert aber noch, es in Kraft zu setzen. Grundsätzlich unterstützt sie die Forschung an genveränderten Pflanzen. Sie fürchtet aber, die Freisetzung von genveränderten Pollen könnte zu Einbußen bei den für Kenia wichtigen Exporten von Blumen und Gemüse führen.
Joel Mutisya, der Leiter des Gentechnik-Programms im KARI, hält diese Furcht für unbegründet: „Mais und Sorghum können sich nicht mit Blumen und Gemüse kreuzen. Außerdem werden die Vorgaben zur Biosicherheit solche Auskreuzung verhindern.“ Grüne Gentechnik sei kein Wundermittel, sagt der Molekularbiologe. Er ist aber zuversichtlich, dass sie die Landwirtschaft in Kenia enorm voranbringen würde. Ruth Oniang’o hingegen ist skeptisch. Sie ist nicht prinzipiell gegen Genforschung und hält auch nichts von dem Argument, das Geld solle für anderes ausgegeben werden. Agrarforschung müsse aber auf die Bedürfnisse der Bauern zugeschnitten sein, und das sei meistens nicht der Fall. „Das KARI bietet seit Jahren verbessertes Saatgut an. Aber gegen den Hunger in Kenia hat das nicht viel gebracht.“
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