Umstrittene Ämterhäufung

Die Christliche Initiative Romero (CIR) fordert den Essener Bischof Franz-Josef Overbeck auf, von seinem Amt als Bischof für das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat zurückzutreten. Der Grund: Overbeck war Ende Februar von Papst Benedikt XVI. zum katholischen Militärbischof ernannt worden.

„Wir halten es für höchst problematisch, die beiden Ämter für Adveniat und für das Militär miteinander zu kombinieren“, heißt es in einer Mitteilung der Initiative, die nach dem 1980 ermordeten salvadorianischen Erzbischof Oscar Arnulfo Romero benannt ist und sich mit Volksbewegungen im zentralamerikanischen und karibischen Raum solidarisiert. In Lateinamerika habe in der Vergangenheit eine „Koalition von Militärs und Teilen der kirchlichen Hierarchie der brutalen Unterdrückung und mörderischen Verfolgung von Volksbewegungen gedient“. Kirchliche Solidaritätsarbeit und Militärseelsorge müssten deshalb institutionell strikt voneinander getrennt werden, fordert die Initiative.

Autorin

Katja Dorothea Buck

ist Religionswissen- schaftlerin und Journalistin in Tübingen.

Für Overbeck, der sich zu den Forderungen der Initiative nicht äußern will, kommt ein Rücktritt vom Amt des Adveniat-Bischofs nicht in Frage. In einem Interview mit der Katholischen Nachrichtenagentur (KNA) sagte er lediglich, die Stadt und das Bistum Essen seien aufs Engste mit dem Lateinamerika-Hilfswerk verbunden. Er erfahre bei dieser Aufgabe viel Wohlwollen von den lateinamerikanischen Bischöfen, Priestern und Laien.

Auch Adveniat sieht nach der Forderung der CIR keinen Handlungsbedarf. Der Appell gehe an die falsche Adresse, heißt es in einer Mitteilung der Geschäftsstelle in Münster. Das Hilfswerk verweist vielmehr auf die Deutsche Bischofskonferenz (DBK), deren Kommission Weltkirche Adveniat unterstellt ist. „Eine mögliche Personalie steht derzeit überhaupt nicht zur Debatte“, sagt Adveniat-Geschäftsführer Bernd Klaschka. Er könne sich frühestens im Herbst eine Lösung vorstellen, wenn die Bischofskonferenz die Kommission Weltkirche ohnehin neu besetze.

Die Bischofskonferenz hat keine Bedenken gegen die Ernennung

Auch für die Bischofskonferenz kommt die Neuwahl eines Adveniat-Bischofs zum jetzigen Zeitpunkt nicht in Frage. Man teile die Bedenken gegen die doppelte Funktion von Overbeck nicht, sagt Matthias Kopp, der Pressesprecher der DBK. Zum einen trete der Militärbischof nicht als Sprecher der deutschen Bischöfe in sicherheitspolitischen Fragen auf, sondern sei für die seelsorgerliche Begleitung der Angehörigen der Bundeswehr zuständig. „Zum anderen muss bedacht werden, dass die Kirche in allen lateinamerikanischen Ländern zu Demokratie und Menschenrechten steht und eine politische Sonderrolle der Streitkräfte ablehnt“, sagt Kopp.

Fraglich ist allerdings, ob die Unterstützer von Adveniat diese Argumentation mittragen. Denn schon einmal hat das Kirchenvolk einen Adveniat-Bischof zum Rücktritt vom Amt des Militärseelsorgers gezwungen. Ausgerechnet Overbecks Vorgänger im Bistum Essen, Franz Hengsbach, musste 1978 als Militärbischof zurücktreten, um weiterhin Adveniat-Bischof bleiben zu können. Hengsbach gehörte in Deutschland zu den Kritikern der lateinamerikanischen Befreiungstheologie und war 1977 vom bolivianischen Diktator Hugo Banzer mit einem Orden ausgezeichnet worden. Viele Gemeinden in Deutschland weigerten sich daraufhin, weiter für die Arbeit von Adveniat zu spenden. Gerade aus diesem Grund stößt die jetzige Berufung Overbecks ins Amt des Militärbischofs bei der Christlichen Initiative Romero auf Befremden.

„Die historische Sensibilität hätte es gebieten müssen, dass eine solche Doppelbenennung nicht noch einmal vorkommt“, sagt Norbert Arntz vom CIR-Vorstand. Er verstehe nicht, warum Overbeck als Adveniat-Bischof seine Ernennung zum Militärbischof nicht abgelehnt habe. Das grenze an „Geschichtsvergessenheit“. In der CIR gebe es deshalb Überlegungen, wie damals auch dieses Mal zu einem Spendenboykott gegen Adveniat aufzurufen.

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