Der Fonds hat als Konsequenz aus den Korruptionsfällen Ende Februar eine internationale Untersuchungskommission eingerichtet. Was ist ihr Auftrag?
Sie soll der Frage nachgehen, wie wirksam die Kontrollmechanismen sind und ob der Fonds ausreichend in sie investiert. Wir setzen heute schon in jedem Land, in dem wir tätig sind, externe Buchprüfer ein. Dafür geben wir jährlich etwa 70 Millionen US-Dollar aus. Den Etat für den Generalinspekteur haben wir gerade auf 20 Millionen US-Dollar verdoppelt. Natürlich könnten wir noch mehr in Kontrollen investieren. Die Frage ist aber, in welchem Verhältnis diese Ausgaben zu den Ausgaben für unsere Hilfsprogramme stehen sollten. Hier erwarten wir Antworten.
Sind die bislang entdeckten Korruptionsfälle möglicherweise nur die Spitze des Eisbergs?
Nein, denn das waren schon ziemlich schwerwiegende Fälle. In anderen untersuchten Ländern mit großen Programmen wie Äthiopien, Tansania oder Ruanda haben wir glücklicherweise keine Korruption gefunden. Wir müssen dennoch immer damit rechnen, dass der Generalinspekteur Missbrauch aufdeckt. Alle in der Entwicklungsfinanzierung tätigen Organisation, die in Ländern mit hohem Korruptionsrisiko arbeiten, müssen sich damit auseinandersetzen.
Ist der Globale Fonds aufgrund seiner Größe und seiner Arbeitsweise, Geld an lokale Organisationen zu geben, einem größeren Risiko ausgesetzt als andere Institutionen?
Ja, was die Summen angeht, die der Fonds verwaltet. Die sind im Grunde nur mit den Investitionen der Weltbank vergleichbar. Nein, was unsere Arbeitsweise betrifft. Auch andere Organisationen arbeiten mit Partnern in den Ländern. Eine Besonderheit ist allerdings, dass wir keine Länderbüros haben. Dafür haben wir aber die externen Buchprüfer. Wir versuchen in drei Stufen Korruption vorzubeugen: Erstens prüfen die durchführenden Organisationen selbst ihre Programme, zweitens unsere externen Prüfer und drittens der Generalinspekteur.
Das UN-Entwicklungsprogramm UNDP verwaltet in einigen Ländern Geld des Fonds, hat Ihren Prüfern aber Akteneinsicht verwehrt und erschwert so die Aufdeckung von Korruption. Wie gehen Sie damit um?
Das UNDP verwaltet etwa 12 Prozent unserer Mittel, in der Regel in instabilen Ländern nach Konflikten, in denen es nicht möglich ist, über die Regierung Programme durchzuführen. Gemäß seinen Statuten öffnet es seine eigenen Prüfberichte nur seinen Mitgliedsländern – und der Globale Fonds ist kein Mitglied. Wir sprechen schon länger mit UNDP darüber, das zu ändern. Das wird auch von der UNDP-Leiterin Helen Clark unterstützt und geht jetzt an deren Vorstand. Wir hoffen, dass unser Generalinspekteur künftig vollen Zugang erhält.
Sie arbeiten von Beginn an mit dem UNDP. Warum kommt dieser Missstand erst heute auf den Tisch?
Das Problem besteht natürlich schon länger. Aber noch vor wenigen Jahren gab es keine Anfragen an UNDP, seine Bücher für uns zu öffnen. Jetzt ist es ein großes Thema. Das ist berechtigt, man muss aber auch sehen, dass sich politische Stimmungen ändern: Angesichts der allgemeinen Budgetkrise sind Regierungen heute stärker unter Druck nachzuweisen, dass ihre Steuergelder auch im Entwicklungsbereich sinnvoll angelegt sind.
Der Fonds hat errechnet, dass ihm das Geld zur Rettung von 43.000 Menschenleben fehlt, wenn Deutschland seine für 2011 zugesagten Mittel nicht überweist. Wie verlässlich sind solche Kalkulationen?
Recht verlässlich. Es gibt eine akzeptierte Methode zu berechnen, wie sich medizinische Dienstleistungen umsetzen in den Schutz von Menschenleben. Die 200 Millionen Euro aus Deutschland entsprechen 5,7 Prozent der vom Fonds geplanten Ausgaben in 2011. Wenn Sie das umrechnen etwa auf die Zahl der mit Aids-Medikamenten zu behandelnden Menschen oder der Moskitonetze, die zum Schutz vor Malaria verteilt werden sollen, dann können Sie die Zahl der gefährdeten Menschenleben bestimmen. Und 43.000 ist eine eher konservative Schätzung.
Laut dem Entwicklungsministerium hat der Globale Fonds zugesagt, dass die Behandlung von Patienten sichergestellt sei, auch wenn Deutschland seine Mittel für den Globalen Fonds vorerst zurückhalte.
Das entspricht nicht dem, was wir mitgeteilt haben. Selbstverständlich würde ein Stopp der Zahlungen Konsequenzen für unsere Programme haben.
Welche Lehren ziehen Sie aus den Korruptionsfällen?
Zum einen, dass Korruption in vielen Ländern eine traurige Tatsache ist. Zum anderen, dass es eines hohen Aufwands bedarf, sie aufzudecken. In Mauretanien und Mali musste unser Generalinspekteur mit einem hoch spezialisierten Team von Buchprüfern über mehrere Wochen intensive detektivische Arbeit leisten. Sie haben tausende von Dokumenten durchgesehen, sie haben mit der Polizei zusammengearbeitet, um Hausdurchsuchungen durchführen zu können. Die Lehre ist, dass man sehr wachsam sein und Hinweisen nachgehen muss. Man muss dann allerdings auch die politische Freiheit haben, Konsequenzen zu ziehen, also etwa Finanzierungen zu stoppen oder staatsanwaltschaftliche Untersuchungen einzuleiten. Wir hoffen, dass eine starke Reaktion auf andere abschreckend wirkt. Nur durch Transparenz und Konsequenz können wir Korruption so niedrig wie möglich halten.
Das Gespräch führte Tillmann Elliesen.
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