Von Resignation, Sehnsucht und Rebellion

Clara Sola: Costa Rica 2021. Regie: Nathalie Álvarez Mesén, 104 Minuten, Anbieter: EZEF

Die Protagonistin des Spielfilms "Clara Sola" von Nathalie Álvarez Mesén lebt in einem Dorf in Costa Rica und leidet nicht nur unter einer Wirbelsäulenverkrümmung, sondern auch unter ihrer frommen und dominanten Mutter. Bei einem traditionellen Fest revoltiert sie gegen die Fremdbestimmung.

Die 40-jährige Clara lebt mit ihrer tief katholischen Mutter Fresia und ihrer Nichte María in einem abgelegenen Dorf in Costa Rica. Die 40-Jährige leidet unter einer fortgeschrittenen Skoliose, einer Wirbelsäulenverkrümmung, und unter Lernproblemen. Die örtliche Bevölkerung glaubt, dass Clara übernatürliche Kräfte hat, seit sie als Kind von der Jungfrau Maria besucht worden ist. Ihre Mutter Fresia ist überzeugt, dass Clara eine Jungfrau bleiben muss, um diese spirituellen Kräfte zu behalten. Deshalb versucht sie, jede sexuelle Regung bei Clara zu unterdrücken. Doch das wird schwieriger, als Clara sieht, wie María den jungen Landarbeiter Santiago umgarnt. 

Clara ist sehr naturverbunden und versteht sich blind mit der weißen Stute Yuca. Beide haben gemeinsam, dass sie als Publikumsattraktionen Geld einbringen: Yuca wird von Santiago zu einem Wasserfall gebracht, wo Touristen sie reiten können – Fresia nimmt Geld von Menschen, die sich von der Wunderheilerin Clara Hilfe für ihre Gebrechen erhoffen. Als Mutter profitiert sie nicht nur finanziell davon, sondern steigert durch Claras angebliche Nähe zur Jungfrau Maria auch ihr soziales Prestige: Die Dorfbewohner nennen sie respektvoll Doña Fresia.

Ihre Mutter will nicht, dass Clara so wird wie alle anderen

Bei einem Fest zum 15. Geburtstag von María eskalieren die verdrängten Konflikte. Die egoistische und brutale Rücksichtslosigkeit der Mutter gipfelt in einer Szene, in der sie im Krankenhaus eine Operation des verkrümmten Rückens von Clara ablehnt, obwohl die Ärztin sie darauf hinweist, dass die Operation kostenlos wäre. Dabei könnte Clara danach aufrecht gehen und auch sonst ihre Lebensqualität verbessern. Aber Fresia will nicht, dass Clara so wird wie alle anderen. „Gott hat sie mir so gegeben“, sagt sie der Ärztin, „sie bleibt so.“ Offenbar befürchtet Fresia, dass ihre Tochter in „normaler“ Gestalt an Prestige und Einfluss bei den Gläubigen verlieren könnte. 

Der Film zeigt auf außergewöhnliche Art, wie eine Frau mit der Billigung der Gemeinschaft eine andere Frau zum Objekt systematischer Repression macht. Männer spielen mit Ausnahme des jungen Santiago praktisch keine tragende Rolle. Zugleich gibt die exzellente Kameraführung Einblicke in das dörfliche Alltagsleben, das von Armut und Mangel an ökonomischen Perspektiven, aber gelegentlich auch von purer Lebensfreude geprägt ist – etwa, wenn María mit Freundinnen ausgelassen zu Latino-Popmusik tanzt. 

Hauptdarstellerin mit faszinierender Präsenz

Die Regisseurin erzählt weitgehend aus der Perspektive von Clara, die oft in Großaufnahme zu sehen ist, insbesondere bei ihren Streifzügen durch die Natur, bei denen sie zum Beispiel Blätter beäugt oder Glühwürmchen beobachtet. Vor allem in diesen intimen Szenen entfaltet die Hauptdarstellerin Wendy Chinchilla Araya – eine Tänzerin, die hier ihr Filmdebüt gibt – eine faszinierende Präsenz. 

Zu Claras starken Stimmungsschwankungen zwischen Wut und Resignation, Enttäuschung und Sehnsucht sind häufig aus dem Off eigenwillige Streicherklänge zu hören, die eine märchenhafte Poesie erzeugen. Bleibt die Erzählhaltung über weite Strecken wirklichkeitsnah, so wendet sich der Schluss mit seiner fantastischen Volte dem Magischen Realismus zu: Hier schleicht sich das Wundersame metaphernreich in die Wirklichkeit. 

Weitere Infos zum Film gibt es bei EZEF

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