Gerechtes Wassermanagement

Jenniver Sehring, Rozemarijn ter Horst und Margreet Zwarteveen (Hrsg.): Gender Dynamics in Transboundary Water Governance. Feminist Perspectives on Water Conflict and Cooperation. Routledge, London 2023, 226 Seiten, digitale Version, open access, kostenlos verfügbar

Wasser und grenzübergreifende Flusssysteme sind Lebensadern für Millionen von Menschen – und stark umkämpft. Der Sammelband "Gender Dynamics in Transboundary Water Governance" behandelt das Thema im Hinblick auf Geschlechtergerechtigkeit und legt den Schwerpunkt auf Frauen als Expertinnen in der bi- und multinationalen Wasserdiplomatie. 

Die meisten großen Flüsse verlaufen durch verschiedene Staaten, deshalb erfordert ihre Nutzung den Ausgleich konkurrierender Interessen. Nicht zuletzt angesichts des Klimawandels geht es dabei häufig um Konfliktdeeskalation. Die Herausgeberinnen und Autorinnen des Sammelbandes erläutern anhand anschaulicher Fallbeispiele vor allem aus Asien, Afrika und Lateinamerika Entscheidungsprozesse über die jeweilige Wassernutzung, hier als Wasserdiplomatie bezeichnet. 

In Kirgistan und Kasachstan waren zur Zeit der Sowjetunion etliche Frauen Wasserbauexpertinnen. Die entsprechenden Studienplätze und technischen Berufe standen ihnen offen, Ingenieurinnen bezogen aus ihrer fachlichen Expertise viel Selbstbewusstsein. Gleichzeitig lasteten die Familienpflichten trotz Kindertagesstätten und offizieller Gleichstellungspolitik vorwiegend auf ihnen. Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion kollabierte nicht nur die Wirtschaft, auch die staatlich verordnete Gleichstellung verlor an Bedeutung. Junge Naturwissenschaftlerinnen oder Planerinnen mussten zusätzliche Hürden in der Berufswelt überwinden, ein neuer konservativer Trend in der Gesellschaft erschwerte ihnen die Verbindung von Arbeit und Familie. 

Quechua-Frauen als Beispiel für Mitwirkung auf lokaler Ebene

Wie wichtig es ist, Gender in Wasserfragen zu betrachten, illustriert Mariana Yumbay Yallico, promovierte Juristin und Menschenrechtsanwältin aus Ecuador. Als erste Indigene arbeitete sie zunächst am nationalen Gerichtshof und dann für die nationale Wasserbehörde. Am Beispiel der Quechua-Gesellschaft skizziert sie indigene Menschen-, Natur- und Weltbilder, auf deren Basis sich indigene Frauen gegen Mehrfachdiskriminierung wehrten und auf lokaler Ebene an Entscheidungsprozessen über die Wassernutzung mitwirkten. Dieses Selbstverständnis und die in örtlichen Auseinandersetzungen erprobte Verhandlungsmacht im Protest gegen umweltzerstörende Öl- und Holzkonzerne sieht Yumbay Yallico als wichtige Basis für politische Mitsprache und das Einfordern von Rechten. 

Alexandra Said, die für das UN-Umweltprogramm UNEP in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba arbeitet und immer wieder sachorientiertes Verhandeln von Expertinnen in Gremien entlang des umkämpften Nils erlebt hat, sieht in dem Verhandlungsgeschick und der Fähigkeit, bei Interessenkonflikten Gegner von vorteilhaften Kompromissen zu überzeugen, eine weibliche Stärke. Umso wichtiger seien Mentoring und die Übergabe von Verantwortung, um gut ausgebildeten Frauen Karrierewege zu ebnen. Nur dann, so die Autorinnen, blieben Gender-Mainstreaming und gender-politische Leitlinien, die vielfach von internationalen Gebern finanziert und unterstützt würden, keine Papiertiger. 

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