Der Rechtswissenschaftler Thomas Kerns erklärt in seinem Buch, wie junge Aktivistinnen und Aktivisten mittels Jugend-Klimaprozessen eine bessere Klimapolitik vorantreiben können. Die Ansätze sind spannend und praxisorientiert, beziehen sich aber vor allem auf die USA.
Seit Jahren verlangen junge Menschen immer lauter nach einer klimagerechten Politik. Was mit Demonstrationen wie Fridays for Future begann, ist zu einer großen politischen Bewegung geworden. Gruppierungen wie „Extinction Rebellion“ und „Letzte Generation“ nutzen dabei auch Protestformen des zivilen Ungehorsams, etwa wenn sie Autobahnen blockieren.
Der Philosophie- und Rechtswissenschaftler Thomas A. Kerns schlägt jungen Menschen eine andere Methode vor, um ihre Stimme im politischen Diskurs deutlicher zu erheben. Er hat die Organisation der „Youth Climate Courts“ gegründet und beschreibt in seinem Buch, wie ein öffentlich inszenierter Klima-Gerichtsprozess umgesetzt und politisch genutzt werden kann. Das Ziel ist dabei nicht nur, Aufmerksamkeit für das Problem zu schaffen, sondern vor allem auch einen Dialog zwischen jungen Klimaaktiven und lokalen Regierungen in Gang zu bringen.
Simulation einer Gerichtsverhandlung
Im Rahmen eines solchen Klimaprozesses wird eine Gerichtsverhandlung nachgeahmt, erklärt Kerns. Eine Vertreterin oder ein Vertreter beispielsweise einer Kommunalregierung wird eingeladen und muss sich vor einer Staatsanwaltschaft und einem Team aus Aktiven verantworten. Ein Richter oder eine Richterin beurteilt dann zusammen mit einer Jury, die ebenfalls aus Freiwilligen zusammengesetzt ist, ob die Regierung schuldig ist oder nicht.
Kerns beschreibt Schritt für Schritt, wie solch ein Prozess abgehalten wird. Außerdem erläutert er, inwiefern sich die Teilnehmenden auf die Menschenrechte berufen können – beispielsweise anhand des Rechts auf Klimagerechtigkeit. Dieses sei in der Verfassung der USA und in verschiedenen UN-Verträgen, zum Beispiel in den UN-Kinderrechten, implizit festgeschrieben.
Denn es heiße, dass kein Mensch aufgrund der Umwelt, in der er oder sie lebt, benachteiligt werden solle. Gerade das passiere aber, wenn die Lebensbedingungen vieler Menschen aufgrund der Folgen der Klimakatastrophe schwieriger würden.
Derlei Klimaprozesse können natürlich keine rechtlich bindenden Urteile fällen. Aber sie können Aufmerksamkeit schaffen und auf politische Entscheidungen einwirken. Und sie bieten jungen Engagierten eine gute Möglichkeit, ihre Rechte kennenzulernen, sich auf sie zu berufen und dabei ihre Zukunft mitzugestalten, so Kerns.
An das US-amerikanische Rechtssystem angelehnt
Das Buch gibt klare Organisationsanleitungen und erklärt jeden Schritt – vom Zusammenfinden der Aktiven über das Einladen von Kommunalpolitkern bis hin zu möglichen „Urteilen“. Diese können zum Beispiel fordern, dass in den Begründungen von politischen Entscheidungen immer auch auf die Folgen für die Umwelt eingegangen werden muss.
Kerns schreibt ermutigend und verständlich, lehnt sich aber stark an das US-amerikanische Rechtssystem an. Einige der Rechte, auf die er sich bezieht, greifen in Deutschland beispielsweise nicht. Aber er erklärt auch, wie Menschenrechtsdokumente wie die Charta der Vereinten Nationen aufgebaut sind und wie sie wirken. Das Buch ist vor allem für Mentorinnen und Mentoren in der politischen Bildung geeignet, die Jugendlichen in ihrem Engagement für eine bessere Umwelt ein neues Forum eröffnen möchten.
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