Mit spitzer Feder gegen den Kolonialismus

Dietrich Harth: José Rizals Kampf um Leben und Tod. Facetten einer kolonialismuskritischen Biografie. heiBooks Heidelberg 2021, 523 Seiten, 49,90 Euro. Kostenfreier Download unter https://books.ub.uni-heidelberg.de/heibooks/reader/download/839/839-3-94857-2-10-20210831.pdf 

Der philippinische Arzt und Schriftsteller José Rizal hat in seinen Schriften die kolonialistische Willkürherrschaft Spaniens gegeißelt. Dietrich Harth stellt ihn in seiner Biografie in eine Reihe mit Frantz Fanon oder Mahatma Gandhi. 

Der Kulturwissenschaftler Dietrich Harth legt die erste umfassende deutsche Biografie des bedeutenden philippinischen Arztes und kolonialismuskritischen Schriftstellers José Rizal (1861–1896) vor. Dessen Ruhm in der südostasiatischen Welt beruht auf seinen politischen Romanen, die in philippinischem Spanisch geschrieben und anschließend in zahlreiche Sprachen übersetzt wurden. Er hat wichtige kolonialismuskritische Romane, Schriften und Gedichte geschrieben, die Harth erstmals auf Deutsch zugänglich macht. Wie Mahatma Gandhi oder Frantz Fanon analysiert Rizal den Zustand einer Gesellschaft, die vom Kolonialismus infiziert ist. Seine Gegenmittel zur Wiedererlangung der kulturellen Würde sind die politische Alphabetisierung, die Wiederaneignung der verdrängten vorkolonialistischen Kultur und die Wertschätzung der indigenen Sprachen. 

Im Namen der Menschenwürde wendet sich Rizal mit den Mitteln der Satire gegen die Unterdrückung und lässt von seinen Romanfiguren die Frage diskutieren, ob Reform oder Revolution in die Freiheit führen. In Rizals Romanwelt erscheint die spanische frailocracia (Mönchsherrschaft) als eine moralisch korrupte Kraft, die sich der Religion bedient, um die Beherrschten gefügig zu machen. So wurde Rizal zu einem Kritiker der Kumpanei von Staat und Kirche, wie sie im Kolonialismus typisch war. Sein Blick richtet sich dagegen auf eine Zukunft, „in der der Glaube nicht tötet“. 

Dekolonialisierung ohne revolutionäre Gewalt

Rizals Anliegen war nicht die Loslösung des Inselarchipels von der Kolonialmacht Spanien. Vielmehr wollte er das Land aus dem brutalen Unterdrückungsregime der Kolonialmacht in eine spanische Provinz auf der Grundlage von Selbstbestimmung und Gleichberechtigung überführen. Im Gegensatz zu der sich zeitgleich bildenden Befreiungsbewegung lehnte er revolutionäre Gewalt ab. Gleichwohl verurteilte ihn ein spanisches Kriegsgericht im Jahr 1896 wegen Hochverrats zum Tode, und Rizal wurde exekutiert. 

All seine wichtigen Werke hat Rizal in Europa verfasst, das für ihn ein Raum der Freiheit und der Menschenwürde war. En passant führt Harths Biografie die Leserinnen und Leser mit Rizal in die Salons und Wissenschaftszirkel des späten 19. Jahrhunderts mit ihren rassistischen Vorurteilen, denen Rizal nicht zuletzt auch in Berlin ausgesetzt war. Der Autor macht dabei erstmals die zahlreichen Schriften und den Briefwechsel Rizals zugänglich. Seine Biografie führt die tiefe Verstrickung Europas und auch Deutschlands in den ausbeuterischen, von rassistischer Verachtung geprägten Kolonialismus vor Augen. Vor allem aber illustriert das Buch auch vorzüglich, dass politische Literatur eine Sprengkraft entfalten kann. In der online und im Druck veröffentlichten Biografie zeichnet der Autor José Rizal zu Recht als bedeutende Person, der ein prominenter Platz in der Geschichte der Kolonialismuskritik gebührt.

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