In ihrem Buch über Kriseneinsätze der Vereinten Nationen in Liberia berichtet Doris Kleffner über die Arbeit von UN-Mitarbeitern und -Mitarbeiterinnen und flicht dabei selbst Erlebtes und Anekdotisches ein.
Die Autorin präsentiert sich als Frau, die nach eher unspektakulären Bürojobs in verschiedenen Unterorganisationen der Vereinten Nationen in New York und Genf die Chance erhält, die Lebensmittelverteilung in den afghanischen Flüchtlingslagern in Pakistan zu überwachen. Von Pakistan geht es nach Afghanistan; der Einsatz dort endet durch eine Evakuierung, und die Autorin findet sich in Ostwestfalen im Hause ihrer Eltern wieder. Ohne Arbeit. Schließlich kommt der für sie erlösende Anruf aus Liberia: Ob sie in Monrovia das Büro des Freiwilligenprogramms der Vereinten Nationen leiten wolle. Allerdings herrsche in Liberia Bürgerkrieg.
Zweimal war Doris Kleffner in Liberia: Von 1992 bis 1994, während des Bürgerkriegs, und noch einmal von 2007 bis 2009, beauftragt mit der Reintegration ehemaliger Rebellen. 1992 landet sie auf einem kleinen Flughafen in der Hauptstadt Monrovia, weil sich der internationale Airport unter der Kontrolle des Warlords und Rebellenführers Charles Taylor befindet. Auf den Dächern des Flughafengebäudes sind schwerbewaffnete Soldaten der westafrikanischen Friedenstruppe ECOMOG stationiert, auf der Fahrt zur Wohnsiedlung für UN-Personal sind die Straßenschilder von Maschinengewehrsalven durchlöchert. Doch der von Uniformierten geschützte UN-Compound sieht aus „wie auf einer Postkarte aus dem Urlaub in den Tropen“, schreibt sie verwundert: ein gepflegter Palmengarten, Bungalows, Swimmingpool, ein Restaurant mit einer Bar aus Tropenholz.
Wenig später greifen Kindersoldaten aus Charles Taylors Rebellenarmee Monrovia an. ECOMOG-Soldaten erzählen der Autorin von ihrem Dilemma: „Die Tatsache, dass es Kinder waren, ließ sie automatisch zögern abzudrücken, was ihren Tod bedeuten konnte.“
Stellenweise klingen Kleffners Berichte wie die einer Sensationsreporterin. Manchmal wirkt das Buch wie ein Abenteuerroman, manchmal ist es mehr Sachbuch mit Hintergrundinformationen. Verstörende Szenen gibt es ebenso wie komische. So verweigert die Autorin einmal die Evakuierung in die Elfenbeinküste, weil ihr Hund nicht mitdarf.
Kleffner schreibt pointiert, die Schilderungen sind durchgängig lebendig, auch die der Geschichte und Geschicke Liberias in den Jahren, in denen sie nicht mehr dort war. Es bleibt aber bisweilen unklar, wo sie eigene Erfahrungen wiedergibt und welche Schilderungen sie anderen Quellen entnommen hat. Die Entwicklungspolitik für Liberia kritisiert sie mit bissigen Worten als Unterstützung korrupter Eliten – auch das aus persönlicher Sicht.
Diese Subjektivität ist die Stärke, aber auch die Schwäche des Buches. Denn ihre eigene Rolle bei den Einsätzen, die sie schildert, reflektiert sie im Grunde nicht. Kleffners Buch scheint gefärbt durch oftmals harte, widersprüchliche, im Kern noch nicht vollständig verarbeitete Erlebnisse vor Ort und teils enttäuschende Erfahrungen mit UNO-Peacekeepern, NGOs sowie Kolleginnen und Kollegen. Dass das in ihr Urteil über die Entwicklungspolitik einfließt, ist nicht sachlich, aber menschlich.
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