Diesel, Platin und Menschenrechte

Das Buch der engagierten Wissenschaftler und Filmemacher widmet sich der Verantwortung internationaler Konzerne, die in Ländern des globalen Südens Ressourcen abbauen. Es erklärt anschaulich und beispielhaft die Probleme mit Selbstverpflichtungen von Unternehmen.

Im August 2012 starben 34 streikende Bergleute im Kugelhagel der südafrikanischen Polizei. Das Massaker von Marikana, am Rande einer der wichtigsten Platinminen nordwestlich von Johannesburg, die den Rohstoff für Katalysatoren in Autos mit Dieselmotoren liefern, ist bis heute ein Trauma für die junge Demokratie. Viele erinnerte damals die Polizeigewalt an die Willkür der Sicherheitskräfte während der Apartheid. Aber 2012 ging es nicht um rassistische Unterdrückung, sondern um die Niederschlagung eines Streiks für höhere Löhne im Interesse des transnationalen Konzerns Lonmin. Von ihm kaufte der deutsche Chemiekonzern BASF jahrelang Platin für Abgaskatalysatoren.

Die Verantwortung für den Polizeieinsatz ist noch immer nicht ganz geklärt. Aber Menschenrechtsaktivisten, Kirchenvertreter und überlebende Arbeiter wollen auch BASF als wichtigen Abnehmer in die Pflicht nehmen dafür, dass Menschenrechte in Lieferketten eingehalten werden. Südafrikanische Delegierte haben mehrfach auf BASF-Aktionärsversammlungen die Probleme der Arbeiter und der Familien erklärt, deren Haupternährer beim Massaker erschossen worden waren.

Das reich bebilderte Buch lässt Witwen und überlebende Arbeiter zu Wort kommen; es kommentiert auch die Reaktionen des BASF-Vorstandsvorsitzenden. So kontrastieren die Herausgeber Schilderungen der menschenunwürdigen Unterkünfte und schwierigen Arbeitsbedingungen mit den Selbstverpflichtungen des Unternehmens und beleuchten die Rolle des Lonmin-Konzerns.

Dazu hat Brot für die Welt im April 2018 die anschauliche, elektronisch zugängliche Publikation „Edles Metall, unwürdiger Abbau“ veröffentlicht. Becker, Grimm und Krameritsch, die mit Brot für die Welt kooperierten und deren Buch auch auf Englisch in Südafrika erschienen ist, erweitern den Fokus um Hintergrundanalysen zur Platinindustrie sowie zur Situation der Bergleute während und nach der Kolonialzeit, also nach 1910. Südafrikanische Autorinnen und Autoren erklären die komplexen Zusammenhänge und diskutieren Fragen der Nord-Süd-Solidarität. Zudem stellen sie Bezüge zur Welthandelspolitik und zum UN-Abkommen für Wirtschaft und Menschenrechte her. Deutschsprachige Fachleute nehmen die Rohstoffpolitik der EU sowie die Unternehmensgeschichte der BASF unter die Lupe, beispielsweise die Geschäftsbeziehungen des Konzerns (damals als Teil der IG-Farben) mit dem NS-Regime und seine Tätigkeit im Apartheidstaat.

Gerade durch diese historischen Rückbezüge erscheinen Forderungen, dass transnationale Konzerne die Einhaltung grundlegender Menschenrechte gewährleisten müssen, umso dringlicher. Weil das Buch am Beispiel Südafrika zentrale Probleme zum Spannungsfeld von Wirtschaft und Menschenrechten erörtert, bringt es auch denen einen Erkenntnisgewinn, die entwicklungspolitisch zum Rohstoffhandel oder zu mineralischen Ressourcen arbeiten.
 

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