In ihrem Sammelband untersuchen Tobias Hagmann und Filip Reyntjens die Tatsache, dass autoritäre Regime im Durchschnitt deutlich mehr Entwicklungshilfe beziehen als demokratische. Ihre Fallbeispiele sind gut gewählt und aussagekräftig.
Wie sieht Entwicklungszusammenarbeit mit Afrikas autoritären Regimen aus? Ist sie konzeptionell mit demokratischen Ansprüchen vereinbar? Diesen Fragen gehen die Afrikaexpertinnen und -experten in sechs fundierten Studien zu Angola, Mosambik, Kamerun, Ruanda, Uganda und Äthiopien nach. Die Herausgeber nutzen das Freedom House-Ranking zur Einteilung in freie und unfreie Staaten und zeigen, dass die internationale Entwicklungshilfe für autoritäre Regime zwischen 1990 und 2013 deutlich gestiegen ist. Demnach erhielten Regierungen, die die politischen Rechte ihrer Bürgerinnen und Bürger missachten, zwischen 2010 und 2013 durchschnittlich über 150 Prozent mehr Budgethilfe als zwischen 1990 und 1994.
Rita Abrahamsen weist in ihrer Analyse nach, wie sich die Einschätzung von Demokratisierung als wichtigem Beitrag zu Wirtschaftswachstum seit Ende der 1980er verschoben hat. Während die Geber damals vor allem darauf achteten, ihre eigene Macht auszuweiten, verbinden sie mit Demokratisierung heute vor allem geostrategische Sicherheitsinteressen. Dadurch gerät der Wert von Demokratie als solcher abermals ins Hintertreffen.
Problematisch sei nicht nur die Trendwende in der Geberpolitik, sondern auch die Komplizenschaft mit autoritären afrikanischen Herrschern, die sich in Wahlen immer wieder bestätigen lassen. Abrahamsen belegt: Diese Herrscher erhalten umfangreiche Budgethilfen, obwohl ihre Menschenrechtsbilanz verheerend ist.
Besonders eindrücklich ist das Beispiel Uganda. Jonathan Fisher und David Anderson erklären, in welchem Ausmaß das Regime von Yoweri Museveni mit Fördergeldern gestützt wird. Museveni stellt sich als Terrorbekämpfer und Friedensstifter in Zentral- und Ostafrika dar, während er gleichzeitig auf hohe Militärausgaben, paramilitärische Gruppen, die Militarisierung der Polizei und Übergriffe auf vermeintliche Oppositionelle setzt. Zwar wurde ein Gesetzesentwurf gegen Homosexuelle international heftig kritisiert. Das hat aber keineswegs dazu geführt, dass die Entwicklungszusammenarbeit stärker auf Menschenrechte und Demokratie ausgerichtet wurde.
Auch in Äthiopien zählen Gewalt und Militarismus zu Strukturprinzipien des Regierens. Gleichzeitig hat sich das Militär im Krieg gegen den Terror international Geltung verschafft – und wird im Gegenzug mit Entwicklungshilfe „belohnt“. Emanuelle Fantini und Luca Puddu belegen darüber hinaus den langjährigen politischen Einfluss eines britischen Baumwollkonzerns und eines italienischen Unternehmens im Staudammbau. Beiden ist es gelungen, sowohl Schlüsselpersonen in der äthiopischen Regierung als auch Diplomaten und Politiker in Großbritannien beziehungsweise Italien für ihre Ziele zu gewinnen.
Das Taschenbuch von Tobias Hagmann und Filip Reyntjens präsentiert gut nachvollziehbar die Erkenntnisse, die kritische Afrikawissenschaftler gewinnen, die als Länderexperten Entwicklungsprojekte und Entwicklungspolitik unter die Lupe nehmen.
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