Einblick in einen vergessenen Krisenherd

Die Zentralafrikanische Republik kämpft mit den Folgen des Bürgerkrieges, der das Land 2013 zerrissen hat. Das Buch erklärt, wie es dazu gekommen ist und was die Bildung eines funktionierenden Staates dort so schwer macht.

Wenige Länder tauchen so selten in internationalen Medien auf wie die Zentralafrikanische Republik (ZAR). Auch Studien über das Land sind rar. Die Herausgeberinnen Tatiana Carayannis und Louisa Lombard  schließen diese Lücke recht überzeugend. Vierzehn Beiträge behandeln unter anderem die Geschichte des Landes, seine Eliten, Fallbeispiele für Konflikte aus einzelnen Landesteilen sowie die UN-Mission und die Nothilfe in der ZAR. Unter den Autorinnen und Autoren sind viele Fachleute, aber auch ein Botschafter und drei Mitarbeitende nichtstaatlicher Organisationen, davon ein Zentralafrikaner.

Das Buch macht sehr gut deutlich, dass die Probleme in der ZAR Teil einer regionalen Krise sind, in die insbesondere der Tschad verstrickt ist. Es gibt sich auch nicht damit zufrieden, den Zustand des Landes schlicht mit der Schwäche seines Staates zu erklären. Vielmehr gehen  mehrere Beiträge  der Rolle der Elite nach: Sie habe ihre Macht unter anderem durch Vergabe von Privilegien und  Einwerbung von ausländischer Unterstützung gesichert – vor allem aus dem Tschad. Diese Herrschaftsmittel hätten auf Dauer Korruption und Diebstahl begünstigt und die legale Wirtschaft wie die staatlichen Institutionen geschwächt – was vielen Mitgliedern der Elite auch bewusst sei. Traditionelle Institutionen, die ein Gegengewicht hätten bilden können, seien in der von Sklavenjagd geprägten Kolonialzeit weitgehend zerstört worden. Erst die Bürgerkriegs-Milizen hätten die relativ kleine Elite aus dem Zentrum der Politik gedrängt.

Äußerst kritisch fällt die Bilanz der auswärtigen Eingriffe und Missionen aus, die in der ZAR seit 1997 aufeinander folgen; sie waren teils afrikanisch geführt, teils europäisch oder von den Vereinten Nationen. Gemeinsam sei ihnen, dass stets eine Reihe von Faktoren  die Friedensstiftung behindert hätten: schlechte Koordination, zu eng gefasste UN-Mandate – man wollte ja den Aufwand begrenzen –, Parteilichkeit sowie Eingriffe afrikanischer Staaten oder Frankreichs zugunsten einer Konfliktpartei. Gelernt hätten die Intervenierenden daraus nie.

Die meisten Beiträge sind analytisch fundiert, ohne in akademischen Jargon zu verfallen. Manche – wie die Fallstudien – sind anschaulicher als andere, aber alle sind gut lesbar. Und anders als in vielen anderen Sammelbänden überschneiden sich die einzelnen Artikel wenig, sondern ergänzen sich; Wiederholungen stören kaum. Sehr nützlich ist die ausführliche Chronologie. Wer sich für die Region Zentralafrika interessiert, kommt an diesem Buch nicht vorbei. Auch wer sich mit fragilen Staaten oder Friedensmissionen beschäftigt, liest es mit großem Gewinn.

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