Schwindende Ressourcen besser nutzen

Ehrenamtliche Helfer sind eine wichtige Stütze der Katastrophenhilfe. Die Studie erforscht Möglichkeiten, sie trotz gegenläufiger Tendenzen einzubinden und zu motivieren.  

Ohne ehrenamtliche Helfer könnten die meisten Katastrophenschutzorganisationen kaum effektiv arbeiten. 1,7 Millionen Männer, Frauen und Jugendliche engagieren sich in Deutschland beim Roten Kreuz, beim Technischen Hilfswerk, der Freiwilligen Feuerwehr oder anderen örtlichen Organisationen. Der demographische Wandel und auch das nachlassende bürgerliche Engagement werfen nun die Frage auf, wie die Strukturen der Hilfsorganisationen den Interessen und Lebensentwürfen ehrenamtlich engagierter Menschen entgegenkommen können. Denn vor allem in ländlichen und strukturschwachen Gebieten, in denen vorwiegend ältere Menschen leben, herrscht schon jetzt oft Not am Mann oder an der Frau. Die wachsende räumliche Mobilität der Jüngeren steht ihrem flexiblen (Hilfs)Einsatz ebenso entgegen wie die Verdichtung der Schul- und Studienzeit, die immer weniger Freizeit lässt. Da sind akute Engpässe für die nahe Zukunft programmiert.

Aus diesem Grund hat das Deutsche Rote Kreuz das Forschungsprojekt INKA (Professionelle Integration von freiwilligen Helfern in Krisenmanagement und Katastrophenschutz) ins Leben gerufen, um zukunftsfähige Konzepte zu formulieren. Dabei ist der Band „Engagiert im Katastrophenschutz“ entstanden, der Beiträge von hochrangigen Funktionären und Fachkräften, Forscherinnen und Forschern, aber auch von Freiwilligen enthält, die ihre eigene Tätigkeit reflektieren. So geht es um Ausbildungsstrukturen bei der Feuerwehr ebenso wie um die Rolle der neuen Medien oder unternehmerisches Engagement im Katstrophenschutz. Gerade die Betriebe sind ja auch gefordert. Sie müssen schließlich dafür geradestehen, dass Ehrenamtlichen aus ihrer Tätigkeit kein beruflicher Nachteil erwächst, und sie müssen sie auch für Schulungen freistellen.

Der transnationale Elektronikkonzern IBM hat deshalb ein weltweites zentrales Register – die On Demand Community – eingerichtet, in dem mehr als 200.000 Freiwillige verzeichnet sind. Zusammen haben sie schon über 15 Millionen Stunden ehrenamtlicher Arbeit geleistet. Darüber hinaus hat der Konzern ein eigenes Corporate Service Corps als international einsetzbare Hilfstruppe aus Experten verschiedener Sparten aufgestellt, die für vierwöchige Katastropheneinsätze bei vollem Gehalt freigestellt werden. Dieses Corps hat sich vor allem bei Erdbebenhilfe bewährt. Im Rahmen der Disaster Recovery hat IBM eigene Teams, die im Katastrophenfall dafür sorgen, dass die Computersysteme möglichst schnell wieder funktionieren.

Die Datenbank des DRK verzeichnet Adressen und Qualifikationen von immerhin 400.000 Ehren- und 150.000 Hauptamtlichen. Sie gilt es gezielter als bisher einzusetzen, erklärt  der Redakteur Sebastian Driemer vom Kompetenzzentrum des DRK. Der Vorschlag entspricht dem allgemeinen Tenor: via Vernetzung das geringer werdende Potential besser zu nutzen.

Was schade ist: Gesellschaftspolitische Aspekte wie etwa die integrierende Kraft des ehrenamtlichen Engagements für Zuwanderer und Asylberechtigte bleiben ausgeklammert. Die enorme Leistung der Zivilgesellschaft bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise im vergangenen Jahr bleibt unberücksichtigt, weil sie sich erst nach Drucklegung abspielte. Dennoch ist es die Tugend dieses Buches, auf ein wichtiges Problem aufmerksam zu machen, dem die Allgemeinheit bislang recht wenig Aufmerksamkeit schenkt.

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