Die Wissenschaftlerinnen um Wendy Harcourt kritisieren die internationale Wirtschaftpolitik, die auf der Ausbeutung von Mensch und Umwelt basiert. Und sie positionieren sich gegen die sogenannte grüne Ökonomie.
Die feministischen Autorinnen dieses Sammelbandes präsentieren Ergebnisse mehrjähriger Diskussionen und Reflexionsprozesse am Institute of Social Studies in Den Haag und anlässlich der UN-Konferenz Rio plus 20 im Jahr 2012. Dabei betonen sie, dass auch die so genannte grüne Ökonomie Frauen ausbeutet und natürliche Lebensgrundlagen zerstört, weil auch ihr das Diktat der ökonomischen Verwertbarkeit zugrunde liege. Dem setzen sie Überlegungen zu feministischen Lebens- und Wirtschaftsformen entgegen.
Zu Wort kommen insbesondere Wissenschaftlerinnen aus Europa, den USA und Lateinamerika. Sie verfügen über Forschungs- und Lehrerfahrungen in Ländern des globalen Südens und Nordens.
Besonders anschaulich beschreibt Dianne Rocheleau Änderungen in der Verwertung von Saatgut und Baumsetzlingen durch Frauen und Männer in Machakos, Kenia, sowie die Änderung der Landrechte und der Arbeitsorganisation während und nach der Kolonialzeit. Ihr Beitrag zeichnet sich durch große Detailkenntnis der örtlichen agrarökologischen Zusammenhänge etwa beim Anpflanzen von Mischkulturen aus. Sie argumentiert aus feministischer Perspektive und beachtet dabei koloniale und nachkoloniale agrar- und machtpolitische Zusammenhänge. Gut nachvollziehbar sind auch ihre Erklärungen zu Gender und Landnutzung in der Dominikanischen Republik sowie ihre selbstkritischen Reflexionen zu Möglichkeiten und Grenzen empirischer Forschungen – beispielsweise angesichts von Widersprüchen zwischen Interview-Äußerungen und konkretem Handeln.
Dem Problem eben dieser Grenzen stellt sich auch Ingrid Nelson, die verarmte Holzfäller in Mosambik begleitet hat. Sie bestreiten ihren Lebensunterhalt zum Teil durch illegalen Holzeinschlag und liefern damit die Grundlage für den zerstörerischen Holzschmuggel nach China. Nelson verurteilt die Männer nicht, sondern skizziert deren kollektives maskulines Selbstverständnis, das sie vor allem aus Liedern ableitet, die sie bei der Arbeit singen. Ebenso hat die Autorin korrupte Holzhändler und Repräsentanten nationaler Umweltorganisationen interviewt. Sie und ihre Koautorinnen schreiben auch über die Schwierigkeit, feministische Standpunkte zu vertreten und in Forschung und Lehre – beispielsweise im Rahmen feministisch ausgerichteter und praxisorientierter Studienprojekte – auf die Probe zu stellen.
Die hier vertretenen Wissenschaftlerinnen trennen nicht zwischen Theorie und Praxis, sondern berichten über ihr eigenes umweltpolitisches Engagement in den USA oder in Italien. So erläutert Wendy Harcourt ausführlich, wie ihre Kindheit in Australien und ihre Arbeit für verschiedene internationale Organisationen sie für die globale Umwelt- und Frauenbewegungen begeistert hat. Alle Autorinnen setzen auf Veränderungen durch diese Bewegungen; Forschung und Lehre gelten ihnen auch als Beiträge zur Transformation.
Das leicht lesbare Buch bietet viele Diskussionsimpulse insbesondere für Menschen, die an abseitigen Wegen in der akademischen Entwicklungsforschung interessiert sind. Dazu zählt die subjektive Sicht auf Themen und Konzepte.
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