Bodenschätze: Landvertreibung

Der Schweizer Autor Jann Duri Bantli beschreibt den Kampf kolumbianischer Kleinbauern um ihren Grund und Boden. Er umschifft jegliches Schwarz-Weiß-Klischee und liefert ein detailliertes Bild des Konfliktes.

Wem gehört das Land? Nichts bestimmt mehr die Entwicklung Kolumbiens als diese Frage. Beim Friedensdialog, den die Regierung und die Guerillaorganisation FARC seit zwei Jahren führen, steht das Thema an erster Stelle. Schließlich war die ungerechte Verteilung des Bodens der Grund dafür, dass die Rebellen einst zu den Waffen griffen. Auch hinter dem bis heute anhaltenden Terror  paramilitärischer Gruppen steckt der Konflikt um Ackerland und Lebensraum. Nur wenn er gelöst wird, kann der mehr als 50 Jahre andauernde Bürgerkrieg im Land beendet werden. Um es mit den Worten von Kleinbauern aus der Gemeinde Las Pavas auszudrücken: „Wahrer Frieden wird geschaffen, wenn man uns die Möglichkeit gibt, unser eigenes Land zu bewirtschaften.“

Davon kann bislang keine Rede sein. Das zeigt das Buch „Bodenschätze: Landvertreibung“ des Schweizer Autors Jann Duri Bantli. Er hat Las Pavas und zwei weitere Dörfer im Nordosten Kolumbiens mehrmals besucht. Detailreich beschreibt er den Alltag von Menschen, die sich für die Rückgabe ihres von Agrarindustriellen angeeigneten Bodens einsetzen. Zudem berichtet er über Bewohner der Gemeinde El Haltillo, die eine Umsiedlung unter fairen Bedingungen fordern. Denn durch die Kohleförderung sind Luft und Wasser so verschmutzt, dass sie in ihrem Dorf nicht mehr leben können. Doch bislang sind die Bergbaufirmen ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen.

Etwas erfolgreicher war man in Las Pavas. Jahrelang hatten Paramilitärs im Auftrag eines Palmölunternehmens die Kleinbauern terrorisiert, um sie zu vertreiben und auf ihrem Ackerland die gewinnbringende Pflanze anzubauen. Im November 2012 gab ein Gericht dann den Bewohnern  Recht: Das Land gehört ihnen. Zumindest formal. Denn auf die Hilfe des Staates können sie nicht zählen. „Auf dem Feld gilt einzig das Recht des Stärkeren“, erklärt Bantli und beschreibt, wie weiterhin Aktivisten angegriffen und die Felder im Auftrag der Agrarfirmen vergiftet werden.

Trotz der eindeutigen Machtverhältnisse verfällt der Autor nicht in schlichte „Schwarz-Weiß“-Zuschreibungen. Er schildert die schwierigen Verhandlungen zwischen Firmenanwälten und Bauernvertretern sowie die unterschiedlichen Auffassungen innerhalb der Bevölkerung. So etwa den Konflikt zwischen den „Palmeros“, die sich von den Ölplantagen ein besseres Leben versprechen, und den oppositionellen „Paveros“. Bantli erinnert auch an die internationale Verantwortung: Große Teile der kolumbianischen Kohle sowie des Palmöls gehen nach Europa, häufig tragen europäische Konzerne eine Mitschuld an der Gewalt. Der Autor plädiert dafür, diese Unternehmen an ihrem Firmensitz zur Rechenschaft zu ziehen. Denn in Kolumbien, so stellt er klar, „ist es für sie viel zu einfach, Gesetze zu umgehen und Gerichtsentscheide zu beeinflussen“.

Wolf-Dieter Vogel

 

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