Medea Benjamin
Drohnenkrieg. Tod aus heiterem Himmel
Laika-Verlag, Hamburg 2013,
208 Seiten, 19 Euro.
Immer häufiger wird darüber diskutiert, ob Drohnenangriffe legitim, legal und moralisch zu rechtfertigen sind. Medea Benjamin meint: nein. Sie liefert mit ihrem Buch eine Fülle von Fakten und Argumenten.
Benjamin hat ein schlicht aufgemachtes, kompaktes, gut verständliches Buch geschrieben, getragen von der Absicht, den internationalen Dialog über die Zulässigkeit des „Roboterkrieges“ voranzutreiben. Sie zeigt die Argumente der Drohnen-Befürworter auf, widerlegt und entkräftet sie. Ausführlich geht sie auf die rechtlichen und moralischen Fragen ein, die der Einsatz von Überwachungs- oder Kampfdrohnen aufwirft. Sie tut dies parteilich und engagiert, ohne ihre Abscheu gegen das „Morden per Fernbedienung“ zu verhehlen, dabei immer differenziert und fundiert.
Benjamin gehört zu den Gründerinnen der antimilitaristischen Gruppe „Code Pink“ in den USA. Seit 2009 mobilisiert sie gegen den „Tod aus heiterem Himmel“. Dieser Tod hat etwa die Familie von Roya getroffen, einem jungen Mädchen, das die Anti-Kriegs-Aktivistin an der pakistanisch-afghanischen Grenze kennengelernt hat. Als Roya und ihre beiden Schwestern gerade Wasser holten, fiel etwas Entsetzliches vom Himmel, zerstörte das Haus und zerfetzte die Körper ihrer Mutter und ihrer beiden Brüder. Dem Vater blieb nur, alle Körperteile und Fetzen seiner zerstückelten Familie einzusammeln und zu begraben. Dann versank er in einem schweren Schockzustand. Während der große, starke Mann dasitzt und in die Luft starrt, ernährt das Mädchen seine Familie, deren Oberhaupt es jetzt ist, mit Betteln.
Roya und allen unschuldigen Opfern des Drohnenkriegs hat Medea Benjamin ihr Buch gewidmet. Schonungslos klagt sie die an, die die ferngesteuerten, durch keinen gesetzlichen oder ethischen Rahmen eingedämmten Angriffe zu verantworten haben. Oder die von ihnen profitieren, wie etwa der militärisch-industrielle Komplex in den USA, für den die Drohnen-Produktion ein boomender Markt ist. Zu den Opfern gehören für Benjamin nicht nur Zivilisten, sondern alle, die nicht direkt an Kampfhandlungen beteiligt waren. So auch die beiden amerikanischen Staatsbürger Samir Khan und Anwar al-Awlaki, Propagandisten für eine von al-Qaida inspirierte Vereinigung. Eine Predator-Drohne, die über dem Jemen kreiste, schoss eine Rakete auf das Auto ab, in dem die Männer saßen.
Einer der beiden stand auf der Todesliste des US-Präsidenten, ohne dass – unterstreicht die Autorin – die Regierung Obama jemals Beweise vorgelegt hätte, die ihn mit Terrorakten in Verbindung brachten. Er sei hingerichtet worden. Der Tod des anderen war ein Kollateralschaden. Scharf kritisiert Medea Benjamin Obamas „Töten-statt-Verhaften-Doktrin“. Sie schreibt: „Kein Präsident hat jemals so viele geheime, gezielte Tötungen durchgeführt.“
Obama habe diese Praxis institutionalisiert und die nach dem 11. September 2001 eingeführten Notfallmaßnahmen in eine „Antiterror-Infrastruktur umgewandelt, die auf einen dauerhaften Krieg ausgelegt ist.“ Der Einsatz von Drohnen sei eine Taktik des Friedensnobelpreisträgers Obama, um den Krieg aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit fernzuhalten. Medea Benjamin rückt ihn dorthin zurück.
Anja Ruf
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