Achtung, die Mittdreißiger kommen

Reife Leistung
Der "Weltdienst 30+" will deutsche Fachkräfte ins Ausland fliegen. In Afrika können sie dann den jungen Leuten erklären, warum sie lieber zuhause bleiben sollten.

Na endlich! Die Bundesregierung hat eine seit langem inakzeptable Lücke in der deutschen Entwicklungspolitik geschlossen: Sie hat einen Freiwilligendienst für Leute ab Dreißig geschaffen. Wer im mittleren Alter ist, mal für ein paar Wochen Afrikaluft schnuppern möchte und außerdem den armen Schluckern dort noch etwas unter die Arme greifen will, hat jetzt die Gelegenheit dazu.

Auf Staatskosten natürlich, das Entwicklungsministerium (BMZ) zahlt. Ein solcher „Weltdienst 30+“ hat noch gefehlt, denn bislang gibt es das nur für rüstige Rentner, die mit Enkeln und Hobbies nicht ausgelastet sind – den Senior Expert Service –, und für die Kinder weltbürgerlicher Akademikereltern – da heißt er „weltwärts“. Jetzt kann man also in jedem Lebensabschnitt den perfekt zugeschnittenen Hilfseinsatz buchen, von 18 bis 99 Jahren ist für jeden etwas dabei.

"Ihre eigene Entwicklung voranbringen"

Kritiker bezweifeln, dass das den Ländern im Süden etwas bringt. Sie glauben nicht, dass all die deutschen Mittdreißiger, die jetzt kommen und vielleicht zum ersten Mal afrikanischen Boden betreten werden, neben den vielen weltwärts- und SES-Freiwilligen wirklich etwas bewegen können in Ghana, Tansania oder Malawi. Na und? Auf jeden Fall werden sie selbst viele wertvolle Erfahrungen sammeln und ihre „eigene Entwicklung voranbringen“, erklärt das BMZ. Weshalb der Dienst ja auch völlig richtig im Entwicklungsministerium aufgehoben ist und nicht etwa im Bildungsressort.

Übrigens können die neuen Entwicklungstouristen doch etwas Sinnvolles tun, für das es keiner besonderen Vorkenntnisse bedarf: Sie können zur Bekämpfung von Fluchtursachen beitragen und jungen Afrikanern erklären, dass sie besser bleiben, wo sie sind – auch wenn sie gern mal in Deutschland Erfahrungen sammeln und ihre „eigene Entwicklung voranbringen“ würden. Ohne staatlich geförderten Freiwilligendienst im Rücken endet so eine Idee schnell auf dem Grund des Mittelmeeres.

Permalink

Ein sehr zutreffender Kommentar. Vielleicht sollten wir auch noch einen 45+ Dienst einführen für Leute in der Midlife-Crisis die sich sicher auch besser finden und stabilisieren können wenn ihnen eine Prise afrikanische Existenzangst um die Nase weht ... Das könnte man dann unter Generationengerechtigkeit verbuchen denn schließlich hat jede/r das gleiche Recht auf Entwicklung - und das gleiche Recht auf Ressourcen aus dem Entwicklungsetat!

Neuen Kommentar hinzufügen

Klartext

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
CAPTCHA
Wählen Sie bitte aus den Symbolen die/den/das Schiff aus.
Mit dieser Aufforderung versuchen wir sicherzustellen, dass kein Computer dieses Formular abschickt.
Diese Sicherheitsfrage überprüft, ob Sie ein menschlicher Besucher sind und verhindert automatisches Spamming.
erschienen in Ausgabe 3 / 2017: Indigene Völker: Eingeboren und ausgegrenzt
Dies ist keine Paywall.
Aber Geld brauchen wir schon:
Unseren Journalismus, der vernachlässigte Themen und Sichtweisen aus dem globalen Süden aufgreift, gibt es nicht für lau. Wir brauchen dafür Ihre Unterstützung – schon 3 Euro im Monat helfen!
Ja, ich unterstütze die Arbeit von welt-sichten mit einem freiwilligen Beitrag.
Unterstützen Sie unseren anderen Blick auf die Welt!
„welt-sichten“ schaut auf vernachlässigte Themen und bringt Sichtweisen aus dem globalen Süden. Dafür brauchen wir Ihre Unterstützung. Warum denn das?
Ja, „welt-sichten“ ist mir etwas wert! Ich unterstütze es mit
Schon 3 Euro im Monat helfen
Unterstützen Sie unseren anderen Blick auf die Welt!