(1.8.2013) Die islamistische Gruppe Boko Haram terrorisiert den Norden Nigerias. Erst vor kurzem wurde die Stadt Kano von Bombenanschlägen erschüttert. In dem von Christen bewohnten Viertel starben mindestens 24 Menschen. Die Regierung unter Goodluck Jonathan fährt eine Strategie aus Gegenoffensiven und Gesprächsangeboten – bislang erfolglos. Und seine Militärs spielen in diesem „Krieg gegen den Terror“ eine zweifelhafte Rolle, wie zwei aktuelle „welt-sichten“-Beiträge zeigen.
Menschenrechtler erheben Vorwürfe gegen Soldaten wie die Folter von Verdächtigen, Racheakte, Übergriffe auf Zivilisten. Aber nicht nur das: „Die Obristen und Generäle haben angesichts der Bedrohung durch Boko Haram die einmalige Chance ergriffen, ins Machtzentrum mit seinen enormen Finanzressourcen zurückzukehren“, schreibt ein Experte unter dem Pseudonym Alhaji Dan Nijeriya in der aktuellen Ausgabe von „welt-sichten“. Die Aufrüstung gegen die Islamisten habe enorme staatliche Ressourcen mobilisiert: Fast ein Fünftel des Staatshaushalts, rund sechs Milliarden US-Dollar im Jahr, fließe nun in den Sicherheitsbereich – eine lukrative Aufgabe für die Militärs. Der „Dollarsegen“ mobilisierte „hunderte von Sicherheitsberatern aus den militärisch-politischen Netzwerken, die sich für ihre Dienste fürstlich entlohnen ließen“. Kommandanten organisierten fingierte Anschläge, um sie Boko Haram anzulasten. „Die Militärführung schreckte auch nicht davor zurück, dialog- und vermittlungsbereite Politiker der Komplizenschaft mit Boko Haram zu bezichtigen, wenn es ihrer auf Gier und Zerstörung basierenden Strategie nutzte“, schreibt Nijeriya.
Wer würde von einer Amnestie für Boko Haram profitieren?
Zu den „dialogbereiten Politikern“ zählt auch Nigerias Präsident Goodluck Jonathan. Er sei noch immer offen für eine friedliche Lösung – der Vorschlag einer Amnestie wurde von Boko Haram jedoch umgehend abgelehnt. Ibrahim Yusuf Wushishi, Generalsekretär des Christenrates von Nigeria, sieht im Gespräch mit „welt-sichten“ eine Amnestie eher kritisch: „Wir reden hier von einer Amnestie für barbarische Morde – die Täter sollen von der Regierung Geld erhalten und vielleicht eine Ausbildung im Ausland. Doch was passiert mit den Opfern?“ Er halte es für richtiger, „nach Wegen zu suchen, mit Boko Haram ins Gespräch zu kommen“. Auch, da nicht klar sei, wer von einer Amnestie profitieren würde: „Ich habe den Eindruck, dass sich einige bereichern wollen.“ (osk)
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