Rendite mit Moral

Die Weltfinanzkrise hat die Diskussion über ethische Geldanlagen neu entfacht. Auch Kirchen und Hilfswerke denken intensiv über den verantwortlichen Umgang mit den eigenen Finanzmitteln nach - manche Investments, etwa in Rüstung, sind tabu. Aber was ist mit der Rendite?

Entwicklungsexperten und Engagierte wünschen sich in den Kirchen mehr Mut, ihr Vermögen nach sozialen und ökologischen Kriterien anzulegen. Auf der 9. Entwicklungspolitischen Konferenz der Kirchen und Werke Ende März in der Evangelischen Akademie Hofgeismar war von einem „gefesselten Riesen" die Rede: Die Kirchen, ihre Gemeinden und Werke sollten ihre Marktmacht als Anleger für eine gerechtere Welt einsetzen. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und ihre 22 Landeskirchen verfügen über rund 15 Milliarden Euro langfristige Anlagen, vor allem für künftige Pensionszahlungen, wie EKD-Finanzchef Thomas Begrich sagte. Anlagen dürften kirchlichen Zielen nicht widersprechen, aber es komme auch auf Sicherheit und Ertrag an. „Es ist eben nicht alles Schwarz-Weiß auf der Welt", sagte Begrich. Die EKD hält nach seinen Worten etwa keine Staatsanleihen von Griechenland und Portugal, auch nicht von den USA - einem Land mit Todesstrafe - und ebenso wenig von Saudi-Arabien. Im Depot seien vielmehr staatliche Papiere von Großbritannien, Deutschland, Frankreich und Norwegen. Ein Leitfaden für ethisches Investment ist bei der EKD in Arbeit.

Autorin

Elvira Treffinger

ist Teamleiterin Entwicklung und Politik beim Evangelischen Pressedienst (epd).

Wenig „Experimentiergeist", wenn es um Pensionen geht

Die badische evangelische Kirche verwaltet etwa eine Milliarde Euro Rücklagen - nicht ausschließlich nach Renditegesichtspunkten, wie die Geschäftsleitende Oberkirchenrätin Barbara Bauer erklärte. Zugleich räumte sie ein: „Wenn ich Geld anlege, um Pensionen abzusichern, ist mein Experimentiergeist überschaubar." Und sie sieht sich im Dilemma, wenn sie Firmen aus ethischen Gründen ausschließen will, in denen ihre Kirchensteuerzahler arbeiten.

Unterdessen steigt die bayerische Landeskirche aus allen Engagements aus, die mit Kernenergie zu tun haben. Klaus Seitz, Leiter der Abteilung für Politik und Kampagnen bei „Brot für die Welt", sieht die Kirchen in einer Pionierrolle. Sein Ziel ist, „ethisch hohe Standards in den Finanzmarkt hinein zu transferieren". Er hofft auf eine breite politische Wirkung, ähnlich wie beim fairen Handel.

Vor einem Jahr hat Union Investment den „Fairworldfonds" aufgelegt, der Start war vielversprechend: Im ersten Jahr kamen 62 Millionen Euro zusammen, ein Drittel mehr als erwartet. Die Rendite schwankte zwischen 0,8 und 2 Prozent. Aber das ethische oder nachhaltige Investieren steckt noch in den Kinderschuhen. Von den 180 Milliarden Euro, die Union Investment in Deutschland verwaltet, sind erst 3,5 Milliarden ethische Anlagen. Auf der Positivliste stehen erneuerbare Energien, Mikrokredite, Ökolandbau und Firmen mit Umweltmanagement, gerechten Löhnen, Weiterbildung oder Frauenförderung.

Sind Siemens, BMW, Deutsche Bank oder gar Coca-Cola also akzeptabel? Der Fondsmanager Ingo Speich von Union Investment gab in Hofgeismar zu bedenken, dass die erwünschte Risikostreuung und Rendite schwer zu erreichen ist, wenn wegen strenger Ethik- oder Nachhaltigkeitskriterien zu viele Firmen ausgeschlossen werden. Und Sven Giegold, Attac-Mitgründer und seit 2009 Grünen-Abgeordneter im Europaparlament, warnte vor zu viel Hoffnung auf alternative Anlagen. Die könnten leicht als Feigenblatt dienen, während auf den internationalen Finanzmärkten ansonsten die Geschäfte unverändert weiterlaufen.

Deshalb verfolgen ethische Anleger auch eine andere Strategie: Sie nutzen ihre Rolle als aktiver Aktionär und die damit verbundenen Stimmrechte, sie praktizieren das Engagement, wie es in der Branche genannt wird. Dabei beauftragen sie Fondsgesellschaften, den Dialog mit Unternehmen zu suchen, um die Geschäftspolitik zu beeinflussen. Wer wie Union Investment bis zu drei Prozent der Anteile großer DAX-Unternehmen verwaltet, hat laut Speich sofort Zugang zum vertraulichen Gespräch mit dem Vorstand. Aber die Fonds üben auch die ihnen übertragenen Stimmrechte ihrer Anleger aus: 2009 lehnte Union Investment auf der Hauptversammlung des Stromkonzerns RWE den Bau eines Atomkraftwerks in Bulgarien ab. Es wurde nicht gebaut, und Pläne für einen Meiler in Rumänien verschwanden ebenfalls in der Schublade.

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erschienen in Ausgabe 5 / 2011: Die Freiheit des Glaubens
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