Dennis Rogers
Separate but Equal Democratization?
Participation, Politics, and Urban
Segregation in Latin America
UNU-WideR, Working Paper
No.2011/16, march 2011
15 Seiten, www.wider.unu.edu
Dennis Rogers vertritt in seiner Studie die These, dass die aktive Beteiligung der Bürger an politischen Entscheidungen die soziale Ungleichheit in lateinamerikanischen Städten eher fördert als verringert. Generell gibt es einen statistischen Zusammenhang zwischen Urbanisierung und Demokratisierung. Dieser wird meistens damit erklärt, dass in Städten der intellektuelle Austausch größer ist als auf dem Land. Lateinamerika nimmt laut Rogers eine Vorreiterrolle dabei ein, Bürger über demokratische Wahlen hinaus in Städten aktiv an politischen Entscheidungen zu beteiligen. Mehr als 250 Städte in Lateinamerika hätten bisher partizipative demokratische Verfahren wie Bürgerhaushalte eingeführt – mit steigender Tendenz.
Zugleich gehören viele lateinamerikanische Städte zu den gefährlichsten Orten weltweit. Laut Rogers steht der schwache soziale Zusammenhalt, der sich dahinter verbirgt, im Kontrast zu den Möglichkeiten politischer Beteiligung. Viele Städte seien von Parallelgesellschaften und einem großen sozialen Gefälle geprägt. Davon zeugten die Armensiedlungen auf der einen Seite und die so genannten Gated Communities, in denen die Reichen leben, auf der anderen.
Rogers kommt zu dem Schluss, dass zu viel Partizipation in ungleichen Gesellschaften die soziale Kluft eher noch vergrößert. In São Paulo etwa nutzten Mitspracherechte der Bevölkerung fast ausschließlich der Elite. So habe sich die Infrastruktur dort hauptsächlich in den besseren Wohngegenden verbessert. Rogers vergleicht die Situation in São Paulo mit der Rassentrennung in Südafrika: Die weiße Minderheitsregierung dort habe die Apartheid offi ziell damit begründet, die Entwicklungschancen sowohl der weißen als auch der schwarzen Bevölkerung verbessern zu wollen. Tatsächlich aber sei es darum gegangen, die Schwarzen wirksam zu unterdrücken. In São Paulo solle die demokratische Beteiligung zwar allen Bürgern zugute kommen, doch tatsächlich habe sie die Spaltung vertieft, weil sie nichts an der strukturellen Ungleichheit ändere.
Rogers kommt zu dem Schluss, dass Bürgerbeteiligung, die insbesondere die Stadtplanung betrifft, nur in relativ homogenen Gesellschaften zu fairen Ergebnissen führt. Eine Ausnahme könnten jedoch „außergewöhnliche Ereignisse“ bilden, die die verschiedenen Bevölkerungsschichten zusammenschweißen wie die Finanzkrise 2001 in Argentinien.
(saw)
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