Wenig friedensfördernd

(8.2.2013) Seit Gründung des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) wird darüber gestritten, ob es dem Frieden dient, wenn der vor dem Ende eines Bürgerkrieges Strafverfahren gegen Kriegsverbrecher eröffnet. Eine Fallstudie zu Norduganda findet, dass der Einfluss des Gerichts hier gering und eher hinderlich war.

Als der IStGH 2004 Ermittlungen wegen Kriegsverbrechen in Norduganda aufnahm, litt das Gebiet seit fast 20 Jahren unter brutalen Überfällen der Lord’s Resistance Army (LRA) und unter dem Kampf der nationalen Armee gegen diese Truppe. 2005 ergingen Haftbefehle gegen mehrere Führer der LRA. Dass dieses Eingreifen des IStGH zwiespältige Folgen hatte, ist unumstritten, erklärt Patrick Wegner in seiner auf einer Dissertation beruhenden Fallstudie. In Interviews mit Experten und Beteiligten in Uganda hat er zu klären versucht, welche Behauptungen über die Folgen im Einzelnen zutreffen.

Sein Fazit: Die Strafverfolgung hat einen kleinen Beitrag dazu geleistet, dass die LRA zu Verhandlungen mit Uganda bereit war. Dann aber war sie einer der Gründe, dass die Truppe den Friedensvertrag am Ende nicht unterzeichnet hat – sie verlangte dafür die Aufhebung der internationalen Haftbefehle. Die Ansicht, Strafverfolgung schrecke die LRA vor weiterer Gewalt ab, hält Wegner für eindeutig falsch. In der Tat verübte die LRA, nachdem Ugandas Armee sie aus dem Land vertrieben hatte, nicht weniger Terror – nur jetzt in den Nachbarländern.

Die Opfer von Kriegsverbrechen wünschten sich ein Strafverfahren

Bestrebungen des IStGH, auch Kriegsverbrechen der ugandischen Armee zu untersuchen, haben laut der Studie immerhin Ugandas Regierung motiviert, eine eigene Instanz dafür zu schaffen. Zur Versöhnung in Norduganda habe der IStGH aber kaum beigetragen. Den Opfern gehe es um unmittelbare Bedürfnisse wie Landzugang oder Erwerbsmöglichkeiten, die Verfolgung der Täter interessiere sie kaum. Dies überzeugt nicht ganz: Frühere Interviews des Ethnologen Tim Allen mit Opfern selbst haben ergeben, dass diese zwar für eine Amnestie eintraten, wenn sie nur Frieden brächte. Doch danach oder zugleich wünschten viele auch irgendeine Art von Strafverfahren. Dennoch sind Wegners ernüchternde Ergebnisse insgesamt plausibel und eine Warnung, für die Beilegung laufender Konflikte nicht zu viel vom IStGH zu erwarten. (bl)

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