Große Mengen sauberes Trinkwasser werden in den reichen Ländern täglich über WCs in die Rohre gespült. Kläranlagen holen die festen Stoffe dann wieder heraus. Doch diese Methode eignet sich nicht für Entwicklungsländer, in denen das Wasser und das Geld für den Bau von Kanalisation und Kläranlagen fehlen. Das Schweizer Wasserforschungsinstitut Eawag hat einen auch für arme Länder gangbaren Weg gefunden, die Verschmutzung durch Fäkalien zu verhindern. Das „NoMix-WC“ – hinten Plumpsklo, vorne Auffangwanne – trennt flüssige und feste Fäkalien schon in der Toilette.
Autor
Daniel Volanthen
arbeitet für die Presseagentur InfoSüd.Die Regierung der zweitgrößten Stadt Südafrikas, Durban, hat bereits rund 100.000 dieser Trockentoiletten in den ehemaligen Townships errichten lassen . Denn in den Armenvierteln drohten immer wieder Cholera-Epidemien. In zahllosen Sickergruben vermischen sich Urin und Kot zu Schlamm, der das Trinkwasser verschmutzt und die Gesundheit gefährdet. Die Regierung hat erkannt, dass sich das Problem in Zukunft verschlimmern wird, denn die Küstenstadt wächst schnell und hat bereits heute rund vier Millionen Einwohner. Deshalb räumt sie der Hygiene eine höhere Priorität ein und hat den regionalen Wasserversorger EWS mit dem Aufbau der Wasserversorgung und Entwässerung beauftragt.
EWS will die Leute von den NoMix-Toiletten überzeugen und arbeitet dafür mit Fachleuten der Eawag zusammen. Arbeitslose helfen beim Leeren der Tanks und beim Urintransport in Sammelstellen. Die Bill & Melinda Gates-Stiftung fördert das Projekt mit drei Millionen Dollar.
2008 hatte die Eawag mit dem Forschungsprojekt Novaquatis die Grundlagen für die NoMix-Technologie geschaffen und wurde dafür von der Akademie der Wissenschaften ausgezeichnet. Die Wissenschaftler untersuchten die hygienischen und ökonomischen Auswirkungen des Trennsystems. Sie zeigten, wie die Gewässer vor Schadstoffen und Mikroverunreinigungen geschützt und Nährstoffkreisläufe geschlossen werden können. Sie entwickelten außerdem ein Verfahren, die Nährstoffe des Urins (Stickstoff, Phosphor und Kalium) zurückzugewinnen, um daraus Dünger zu machen.
In Südafrika hatten früher nur die Weißen Wasserklosetts
Die Laborversuche sind das eine – die Umsetzung in die Praxis das andere. Für die Einführung neuer sanitärer Anlagen in Entwicklungsgebieten hat Eawag eine eigene Abteilung gegründet. Projektleiter Kai Udert weist darauf hin, dass neue Verfahren von der Bevölkerung akzeptiert werden müssen. Gerade im ehemaligen Apartheidstaat wünsche die Bevölkerung WC-Anlagen mit Wasserspülung. Dieses Privileg war einst der weißen Oberschicht vorbehalten, während die Armen sich mit Fäkalgruben begnügen mussten. Für ein flächendeckendes Kanalisationssystem gibt es aber nicht genug Spülwasser. Zudem sollen die kargen Wasservorräte im Kampf gegen Infektionskrankheiten für Körperhygiene und das Händewaschen nach dem Gang auf die Toilette verwendet werden.
Deshalb muss NoMix auch mit Brauchwasser ergänzt werden, mit dem sich die Benutzer die Hände waschen. Hierfür gibt es eine Wasseraufbereitungsanlage mit Membranfiltration, die ohne Strom auskommt. Ein Team unter Leitung der Eawag entwickelt die neuste Version dieser Spartoilette weiter. Das Design hat die Wiener Firma EOOS übernommen: In einer ansprechenden Notdurft-Zelle sitzt es sich nun mal bequemer als in einer Holzlatrine. Durch das Projekt in Durban soll der Bevölkerung außerdem bewusst werden, dass die Nährstoffe im eigenen Urin wertvoll sind. Udert will deshalb den Dünger vermarkten und dadurch einen Anreiz schaffen: „Die Leute sollen für die Abgabe ihres Urins einen Gegenwert bekommen.“
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